928. Sitzung des Bundesrates am 28. November 2014
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 2
Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes
BR-Drs. 513/14
TOP 4
Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
BR-Drs. 515/14
TOP 7
Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften
BR-Drs. 521/14
TOP 16
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin -
BR-Drs. 557/14
TOP 39
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 9. Dezember 2013 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Technischen gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Chloralkaliindustrie (2013/732/EU) (CAK-VwV)
BR-Drs. 494/14
Zu TOP 2
Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes
BR-Drs. 513/14
Zustimmungsgesetz
Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz will die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 18. Juli 2012 umsetzen.
Vorgesehene gesetzliche Änderungen (im Rahmen des BVerfG-Urteils):
- Anhebung der Leistungssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG),
- Verkürzung der Wartefrist vom Übergang des Leistungsbezugs AsylblG auf Leistungen nach dem SGB XII von 48 auf 15 Monate,
- Streichung der akzessorischen Anspruchseinschränkung bei Familienangehörigen,
- Herausnahme der Personengruppen mit humanitärem Aufenthaltstitel (§25 Absatz 5 AufenthG) und Inhaberinnen und Inhaber eines Titels nach § 25 Absatz 4a und 4b AufenthG aus dem AsylblG und Eingruppierung bei Hilfebedürftigkeit in SGB II oder SGB XII.
Vorgesehene gesetzliche Änderungen (im Rahmen von BSG-Entscheidungen und praktischen Erfahrungen):
- Einführung eines kleinen Freibetrages beim anzurechnenden Vermögen in Regelbedarfssystematik, der Ansparungen für notwendige Anschaffungen (z.B. Winterkleidung) ermöglicht,
- Regelungen zur Bereinigung des anzurechnenden Einkommens im Zusammenhang mit eventueller Erwerbstätigkeit,
- Aufwendungsersatzanspruch des Nothelfers (z. B. Ärzte, Krankenhäuser),
- Verkürzung des Zeitraums, für welchen zu Unrecht vorenthaltene Leistungen rückwirkend erbracht werden von vier auf ein Jahr,
- Träger des AsylblG können im sozialgerichtlichen Verfahren notwendig beigeladen werden. Damit wird die insoweit einschlägige LSG-Rechtsprechung nachvollzogen.
Im ersten Durchgang hatte der Bundesrat am 10.10.2014 Stellung genommen. U.a. forderte er eine Verkürzung der Wartefrist vom Übergang des Leistungsbezugs AsylbLG auf Leistungen nach dem SGB von 48 Monaten auf 12 Monate. Zudem müsse das AsylbLG auf Asylbewerber beschränkt werden. Bei Personengruppen, die eine Aufenthaltsbefugnis nach § 23 Abs. 1, §§ 24 und 25 des Aufenthaltsgesetzes wegen humanitären oder tatsächlichen Ausreisehindernissen besitzen, könne nicht von einem kurzfristigen Verbleib ausgegangen werden. Darüber hinaus hat der Bundesrat entsprechende Änderungen im AsylbLG und im SGB V vorgeschlagen, um die Leistungsberechtigten in die Versorgung durch eine Krankenkasse einzubeziehen. Im Übrigen bat der Bundesrat die Bundesregierung dringlich, den Ländern zusätzliche Mittel zur Aufnahme, Unterbringung, Verpflegung und Integration zur Verfügung zu stellen und sie von bestehenden Kosten zu entlasten. Die Änderungswünsche des Bundesrates sind nicht aufgegriffen worden. Der Bundestag hat am 06.11.2014 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf unverändert angenommen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfahl dem Bundesrat zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss aus drei Gründen einberufen wird. Zum einen solle der Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes auf Asylbewerber und Geduldete beschränkt werden. Des Weiteren solle dieser Personenkreis nach einer Wartezeit von zwölf Monaten direkt in die Leistungssysteme des Zweiten bzw. Zwölften Buches Sozialgesetzbuch integriert werden. Zum anderen solle die Krankenbehandlung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz künftig auf die Krankenkassen übertragen werden.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat dem Gesetz mit den Stimmen Niedersachsens zugestimmt. Maßgeblich hierfür war eine Verständigung zwischen Bund und Ländern über ein Gesamtkonzept zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern.
Zu TOP 4
Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
BR-Drs. 515/14
Einspruchsgesetz
Wesentlicher Inhalt:
Die neuen Gestaltungskomponenten Elterngeld Plus mit dem Partnerschaftsbonus und die Flexibilisierung der elternzeitrechtlichen Regelungen haben das Ziel, Partnerschaftlichkeit zwischen den Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf flexibler als bisher zu ermöglichen. Für Paare soll die gemeinsame Bewältigung der vielfältigen Anforderungen, die sich ihnen in Familie und Beruf stellen, erleichtert werden. Für Mütter soll eine frühere Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Erwerbstätigkeit in Teilzeit und für Väter soll die Verringerung der Erwerbstätigkeit zugunsten der Betreuung ihres Kindes lohnender werden. Alleinerziehende sollen die neuen Angebote ebenfalls nutzen können. Mit dem Elterngeld Plus soll die Teilzeittätigkeit von Eltern nach der Geburt eines Kindes wirtschaftlich abgesichert und die gegenseitige Entlastung von Müttern und Vätern unterstützt werden. Eine Erwerbstätigkeit beider Partner in Teilzeit, die gleichzeitig eine (gemeinsame) Fürsorge für das neugeborene Kind ermöglicht, soll sich stärker lohnen als bisher. Das Elterngeld Plus soll Familien über das erste Lebensjahr hinaus stabilisieren. Um die partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern zielgenau zu verbessern, werden zusätzlich zu den grundsätzlich weitergeltenden Varianten der Inanspruchnahme des Elterngeldes ein Elterngeld Plus mit einem Partnerschaftsbonus eingeführt sowie die Elternzeit flexibilisiert. Darüber hinaus werden die Regelungen für den Elterngeldbezug für Mehrlinge entsprechend der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers klargestellt. Auch Alleinerziehende können vom Elterngeld Plus profitieren. Des Weiteren haben sie einen Anspruch auf zusätzliche Monatsbeträge Elterngeld, der der Partnerschaftsbonus-Regelung für Elternpaare entspricht.
1. Elterngeld Plus
Das Elterngeld Plus wird als neue, eigenständige Gestaltungskomponente des bisherigen Elterngeldes eingeführt. Jeder Partner kann zukünftig statt eines Elterngeldmonats zwei Elterngeld Plus-Monate in Anspruch nehmen. Damit können vor allem Eltern, die nach der Geburt des Kindes in Teilzeit arbeiten, länger vom Elterngeld profitieren. So können Paare bis zu 14 Monate gleichzeitig Elterngeld beziehen und bis zu dreißig Wochenstunden arbeiten. Der frühere Wiedereinstieg während der Elternzeit in Teilzeit lohnt sich mehr als bisher und ein gleitender beruflicher Wiedereinstieg, der es ermöglicht, auf dem aktuellen Stand der Anforderungen des Arbeitsplatzes zu bleiben, trägt dazu bei, Einkommensverluste im Lebenslauf zu mindern. Die bisherigen Möglichkeiten des Elterngeldbezugs bleiben bis auf die Verlängerungsoption, die durch die Einführung des Elterngeld Plus ersetzt wird, erhalten und können mit den neuen Gestaltungskomponenten kombiniert werden. Für Personen mit geringem Teilzeiteinkommen gilt wie zuvor der Geringverdienerzuschlag. Auch Eltern, die vor der Geburt nicht erwerbstätig waren, können das Elterngeld Plus für das Mindestelterngeld nutzen und werden dann in halber Höhe des Mindestbetrags für die doppelte Anzahl von Monaten unterstützt. Alleinerziehende können das Elterngeld Plus im gleichen Maße allein nutzen wie Paare und infolgedessen zusammen mit den Partnermonaten bis zu 28 Elterngeld Plus-Monate in Anspruch nehmen.
2. Der Partnerschaftsbonus
Ein Partnerschaftsbonus ergänzt das Elterngeld Plus. Er besteht aus vier zusätzlichen Elterngeld Plus-Monaten je Elternteil und kann während oder im Anschluss an den Elterngeldbezug eines Elternteils bezogen werden. Elternpaare, die sich gemeinsam um das Kind kümmern und beide zwischen 25 und 30 Stunden erwerbstätig sind, werden hierdurch länger unterstützt. Dadurch wird es Eltern erleichtert, in einer frühen Phase der Elternschaft in die partnerschaftliche Arbeitsteilung hineinzufinden. Alleinerziehende haben einen eigenen Anspruch auf einen entsprechenden Bonus, wenn sie in dem festgelegten Umfang erwerbstätig sind.
3. Flexiblere Nutzungsmöglichkeit der Elternzeit
Eltern sollen zukünftig eine nicht beanspruchte Elternzeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen können. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht mehr notwendig. Eltern können ihre Elternzeit außerdem zukünftig ohne Zustimmung des Arbeitsgebers in bis zu drei Abschnitte aufteilen. Dabei bleiben die Regelungen für die Inanspruchnahme einschließlich der siebenwöchigen Anmeldefrist für Elternzeit und Elternzeitteilzeit für die Zeit vor dem dritten Geburtstag unverändert. Für die Inanspruchnahme von Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes wird die Anmeldefrist von sieben auf 13 Wochen ausgedehnt, ebenso wie die Anmeldefrist für eine Teilzeiterwerbstätigkeit in diesem Zeitraum. Die sonstigen Voraussetzungen zur Teilzeit während der Elternzeit bleiben unverändert. Um einen effektiven Kündigungsschutz zu gewährleisten, wird der Kündigungsschutz für die Inanspruchnahme von Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes zugleich auf 14 Wochen - dem Zeitraum der Anmeldung der Elternzeit entsprechend ausgeweitet. So erhalten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mehr Sicherheit und Flexibilität und Arbeitgeber mehr Zeit, um sich zu einem späteren Zeitpunkt auf eine bevorstehende Elternzeit einzustellen. Zugleich wird vermieden, dass Eltern bereits kurz nach der Geburt ihres Kindes längere Elternzeiten anmelden, nur um die zulässige Höchstdauer beanspruchen zu können. Eltern, die eine frühe Rückkehr an den Arbeitsplatz wünschen, wird eine entsprechende Entscheidung erleichtert. Sie haben keine Nachteile gegenüber denjenigen Eltern, die die volle Elternzeit unmittelbar nach der Geburt in Anspruch nehmen. Das begünstigt auch den früheren Wiedereinstieg in den Beruf.
4. Gesetzliche Klarstellung zum Elterngeld bei Mehrlingseltern
Für die Ansprüche von Mehrlingseltern wird das Gesetz in seiner ursprünglich intendierten Regelung klarer gefasst, der zufolge bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld besteht und für die weiteren Mehrlinge der Mehrlingszuschlag in Höhe von 300 Euro gezahlt wird. Insoweit war nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 27.06.2013, B10 EG3/12 RundB10EG8/12R) eine gesetzliche Präzisierung erforderlich.
Der Bundesrat hatte im ersten Durchgang Stellung genommen (355/14 B am 19.09.2014). U.a. hatte er auf der Grundlage eines niedersächsischen Antrages darauf hingewiesen, dass sich die Ermittlung „echter“ Alleinerziehender nach der realen Situation richten müsse und nicht vom familienrechtlichen Status abhängig gemacht werden dürfe. Eine familienpolitische Leistung dürfe keinen Anreiz setzen, ein - eigentlich gewünschtes - gemeinsames Sorgerecht aufzulösen. Dieser Anregung ist die Bundesregierung gefolgt und hat eine Regelung getroffen, um eben auch Alleinerziehenden mit einem gemeinsamen Sorgerecht einen eigenen Anspruch auf die Partnermonate zuzusprechen. Die Partnerelemente sollen den Alleinerziehenden als soziale Förderung aufgrund ihrer besonderen Belastung zustehen. Die Bundesregierung hat zudem eine weitere - ebenfalls auf einen niedersächsischen Antrag zurückgehende - Anregung aufgegriffen. Danach wird eine Zustimmungsfiktion eingeführt, wenn der Arbeitgeber sich während der Frist von vier Wochen nach Zugang des Teilzeitantrags der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht äußert. Hat der Arbeitgeber also die Verringerung der Arbeitszeit innerhalb der maßgeblichen Frist nicht schriftlich abgelehnt, gilt die Zustimmung als erteilt und die Verringerung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers als festgelegt. Gleiches soll künftig auch für die Verteilung der Arbeitszeit gelten. Außerdem - auch dies ein Wunsch des Bundesrates - gelten für die Ablehnung der Verteilung der Arbeitszeit die gleichen Anforderungen wie für die Ablehnung der Reduzierung der Arbeitszeit. So kann die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer Klage vor dem Gericht für Arbeitssachen erheben, wenn der Arbeitgeber den Antrag auf Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit rechtzeitig ablehnt. Diese Klagemöglichkeit galt bislang nur bezüglich der Verringerung der Arbeitszeit. Der Vorschlag des Bundesrates, dass die im Zuge der Umsetzung des Gesetzes entstehenden Verwaltungskosten vom Bund übernommen werden, ist nicht aufgegriffen worden. Die Bundesregierung hat diesen Vorschlag abgelehnt mit Verweis darauf, dass die Länder die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben auch im Falle einer Bundesauftragsverwaltung - wie im vorliegenden Fall - selbst tragen (Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG). Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung am 07.11.2014 angenommen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Ausschuss für Familie und Senioren empfahl dem Bundesrat, zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
Behandlung im Plenum:
Es wurde festgestellt, dass der Bundesrat einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht gestellt hat.
Zu TOP 7
Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften
BR-Drs. 521/14
Zustimmungsgesetz
Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU verfolgt das Ziel, den Missbrauch des europäischen Freizügigkeitsrechts einzudämmen. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sowie missbräuchliche Inanspruchnahme von Kindergeld sollen verhindert und konsequent geahndet werden - zum Beispiel durch Wiedereinreiseverbote oder eindeutige Identifikation von Kindergeld-Antragstellern. Es wird dabei betont, dass die Freizügigkeit in der EU eine der wichtigsten Errungenschaften des europäischen Einigungsprozesses ist. Zugleich werden die Kommunen wegen der besonderen Herausforderungen, die sich aus dem verstärkten Zuzug aus anderen EU-Mitgliedstaaten ergeben, finanziell entlastet. Der Bundesrat hatte zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung in seiner Sitzung am 10. Oktober 2014 Stellung genommen. Der Bundestag nahm den unveränderten Entwurf der Bundesregierung am 6. November 2014 an.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl dem Bundesrat, der Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften zuzustimmen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens dem Gesetz zugestimmt. Niedersachsen hat bei den Beratungen im Plenum gemeinsam mit weiteren Bundesländern zu Protokoll gegeben, dass im Gesetzgebungsverfahren nicht alle Fragen zur rechtlichen Ausgestaltung der Wiedereinreisesperren geklärt werden konnten. Daher werden die erklärenden Länder die gerichtliche Klärung und die Rechtsanwendung im Sinne einer europarechtskonformen und damit integrationsfreundlichen Auslegung im Rahmen ihrer Möglichkeiten befördern.
Zu TOP 16
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin -
BR-Drs. 557/14
Zustimmungsgesetz
Wesentlicher Inhalt:
Die Sicherstellung ausreichender Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Diese Aufgabe ist den Ländern im Rahmen der Bahnreform (ab 1994) übertragen worden. Bedingung der Länder war eine angemessene Finanzausstattung. Die Länder erhalten seitdem (1996) vom Bund einen Grundbetrag, der jährlich um 1,5 Prozent steigt. Gesamtbetrag in 2014: 7,299 Milliarden Euro. Mit den Mitteln sollen die Länder insbesondere den Schienenpersonennahverkehr finanzieren. Die Höhe des Betrages war nach dem Regionalisierungsgesetz für 2015 neu festzusetzen. Eine Anschlussregelung liegt nicht vor, über die Höhe des ab 2015 „zustehenden“ Betrages konnten sich Bund und Länder nicht verständigen. Im Bundeshaushalt 2015 ist der gleiche Betrag wie für 2014 eingeplant, eine Dynamisierung wie in den Vorjahren ist nicht erfolgt. Die Regionalisierungsmittel sollen nach dem Willen des Bundesrates ab 2015 auf einen Grundbetrag von 8,5 Milliarden Euro und die jährliche Dynamisierungsrate ab 2016 auf 2 Prozent angehoben werden. Der Bedarf wurde in einem von den Ländern beauftragten Gutachten festgestellt. Eingeflossen in die Berechnungen sind eine differenzierte Erfassung der bereits eingegangenen vertraglichen Bindungen, die Investitions- und sonstigen Finanzierungserfordernisse sowie die im Zuge von anstehenden Investitionen erforderlichen Mehrbestellungen von Verkehrsleistungen in den nächsten 15 Jahren. Die Anhebung der jährlichen Dynamisierungsrate ist notwendig, weil die Preise für die Trassennutzung und das Anfahren der Stationen sowie die Kosten für Energie und Personal seit Jahren deutlich den 1,5 Prozent-Ausgleich übersteigen. Seit 2002 sind die Regionalisierungsmittel insgesamt um 6 Prozent, die Trassenkosten pro Zugkilometer um 28,8 Prozent (Stand 2013) gestiegen. Die Folge sind erhebliche Defizite bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Für die horizontale Verteilung der Mittel hatten die Länder sich zwischenzeitlich auf einen neuen, schrittweise bis 2030 zu erreichenden Schlüssel verständigt. Bisher erfolgte die Verteilung nach Zugkilometern Stand Fahrplan 1994. Der neue Schlüssel orientiert sich jeweils zur Hälfte an den Einwohnern (Stand 2012) und den bestellten Zugkilometern (Anmeldungen 2015). Bis 2030 will der Bundesrat Planungssicherheit, weil die Wettbewerbslage und die lange Nutzungszeit der Fahrzeuge im Schienenpersonennahverkehr überwiegend langlaufende Verkehrsverträge erfordern. Aufgrund umfangreicher vertraglicher Verpflichtungen der Länder mit den Verkehrsunternehmen will der Bundesrat jegliche Unsicherheit hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Mittel vermeiden. Eine Revision der Mittel sieht er für 2026 vor.
Behandlung in den Ausschüssen:
Ausschussberatungen haben nicht stattgefunden.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, die sofortige Sachentscheidung herbeizuführen, die besondere Eilbedürftigkeit festzustellen sowie den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Niedersachsen ist der Gesetzesinitiative beigetreten.
Zu TOP 39
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Umsetzung des Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 9. Dezember 2013 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Technischen gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates über Industrieemissionen in Bezug auf die Chloralkaliindustrie (2013/732/EU) (CAK-VwV)
BR-Drs. 494/14
Wesentlicher Inhalt:
Neben der Umsetzung eines Teilaspektes der o.g. Richtlinie in nationales Recht wird durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift der von dem Durchführungsbeschluss mittelbar berührte nationale Stand der Technik angepasst. Betroffen sind genehmigungsbedürftige Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, die neben Alkalilauge und Chlor auch Alkoholate oder Dithionite auf Grundlage des Amalgamverfahrens herstellen. Diese sind wegen ihrer Einzigartigkeit in Europa nicht im Anwendungsbereich des Durchführungsbeschlusses enthalten. Die Einbindung dieser Anlagen ist für eine korrekte nationale Umsetzung des Durchführungsbeschlusses unumgänglich, da sie ebenfalls Alkalilauge und Chlor herstellen und damit zum Teil in den Anwendungsbereich des Durchführungsbeschlusses fallen. Die hieraus resultierenden technischen Anforderungen müssen vier Jahre nach Veröffentlichung auf Anlagenebene umgesetzt sein. In der Verwaltungsvorschrift wird unter anderem festgelegt, dass keine neuen Anlagen auf Basis des Amalgamverfahrens (unter Einsatz von Quecksilber) oder des Diaphragmaverfahrens (unter Einsatz von Asbest) errichtet werden dürfen. Im Übrigen werden für alle betroffenen Anlagen die erlaubten Emissionswerte für Chlor und Chloroxid gesenkt und die weitgehende Nutzung des Nebenproduktes Wasserstoff als chemisches Reagenz oder als Brennstoff vorgeschrieben.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Wirtschaftsausschuss empfahlen, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift unverändert zuzustimmen und eine begleitende Entschließung zu fassen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zugestimmt und eine Entschließung gefasst. Der Bundesrat stellt fest, dass die Verwaltungsvorschrift aus den Aussagen in dem Durchführungsbeschluss der Kommission, dass das Amalgamverfahren und die Verwendung von Asbestdiaphragmen keine sogenannte Beste Verfügbare Technik (BVT) darstellen, eine zeitliche Begrenzung für den Betrieb von Altanlagen zur Herstellung von Chlor oder Alkalilauge - bei denen solche Verfahren eingesetzt werden - ableitet und festschreibt. Der Bundesrat weist darauf hin, dass der Ausstieg aus Altanlagen zur Herstellung von Chlor oder Alkalilauge nach dem Diaphragmaverfahren auf Asbestbasis oder nach dem Amalgamverfahren von den Anlagenbetreibern vorbereitet wird. Grundsätzlich spricht der Bundesrat sich jedoch gegen eine solche Vorgehensweise aus. Er hält es für problematisch, Ausführungen in Durchführungsbeschlüssen der Kommission, dass eine Technik keine BVT sei, dahingehend umzusetzen, dass der Betrieb von Altanlagen zeitlich begrenzt wird. Ein solches Technikverbot widerspräche Sinn und Zweck der BVT. Der Bundesrat hält es wegen der grundsätzlichen Problematik des Umgangs mit Nicht-BVT-Techniken für unverzichtbar, die sich ergebenden Fragen zunächst mit der Wirtschaft zu erörtern.
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