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902. Sitzung des Bundesrates am 2. Novemvber 2012

Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:


TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Bremen, Nordrhein-Westfalen -
BR-Drs. 485/12

TOP 12
Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
BR-Drs. 555/12

TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften
BR-Drs. 557/12


TOP 18
Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes
BR-Drs. 597/12

TOP 23
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank
BR-Drs. 546/12
in Verbindung mit
TOP 24
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich ihrer Wechselwirkungen mit der Verordnung (EU) Nr. …/… des Rates zur Übertragen besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank
BR-Drs. 547/12


TOP 35
Entschließung des Bundesrates zur Abschaffung der Praxisgebühr
- Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Hamburg -
BR-Drs. 650/12


Zu TOP 10
Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen
- Antrag der Länder Schleswig-Holstein, Bremen, Nordrhein-Westfalen -
BR-Drs. 485/12

Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, Beherbergungsumsätze mit Wirkung zum 1. Januar 2013 dem Regelsteuersatz von 19 Prozent bei der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Derzeit gilt für Beherbergungsleistungen ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Er war von den Regierungskoalitionen im Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22. Dezember 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 eingeführt worden. Die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes war seinerzeit zum einen damit begründet worden, dass Wettbewerbsnachteile von Hotelbetrieben im grenznahen Bereich und in Metropolen vermieden werden sollten, da in 22 der 27 EU-Mitgliedsstaaten ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Hotelleistungen gilt. Zum anderen sollte ein bestehender Investitionsstau zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit beseitigt werden. Angesichts der konjunkturbedingten Einnahmeausfälle infolge des Wirtschaftseinbruchs im Jahre 2009 war ein Nachholbedarf an Investitionen als notwendig erachtet worden. Nach Auffassung der antragstellenden Länder ist die Höhe des Umsatzsteuersatzes für den internationalen touristischen Wettbewerb nur von sehr geringer Bedeutung. Eine Umsatzsteuerermäßigung sei auch kein geeignetes Mittel zur Förderung von Investitionen im Gastgewerbe. Der Gesetzentwurf beziffert die mit der Gesetzesänderung verbundenen Steuermehreinnahmen für das Jahr 2013 auf insgesamt 960 Mio. Euro und für 2014 auf 965 Mio. Euro. Von dem auf die Länder entfallenden Anteil würden jährlich etwa 44 Mio. Euro auf Niedersachsen entfallen. Unmittelbare Auswirkungen auf das Preisniveau von Beherbergungsleistungen werden von den antragstellenden Ländern nicht erwartet.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Niedersachsen stimmte in beiden Ausschüssen gegen die Einbringung des Gesetzentwurfs.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat beschlossen, den Gesetzentwurf nicht im Deutschen Bundestag einzubringen. Niedersachsen lehnte die Einbringung ebenfalls ab. Minister Bode ergriff im Plenum das Wort. Er sprach sich in seiner Rede dafür aus, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz beizubehalten. Falsch sei es, so Minister Bode, den Focus bei der Gesetzesinitiative allein auf die Steuermehreinnahmen zu richten. Es werde übersehen, dass die Einführung der ermäßigten Umsatzbesteuerung von Beherbergungsleistungen einen Investitionsschub ausgelöst habe. So seien nach Feststellungen einer Niedersächsischen Hochschule allein in den Jahren 2010 und 2011 mehr als 420 Mio. Euro zusätzliche Investitionen im Hotel- und Tourismussektor bewirkt worden, die ihrerseits Arbeitsplätze gesichert und Steuereinnahmen ausgelöst hätten. Neben einer Senkung der Übernachtungspreise in rund einem Drittel der Hotels um durchschnittlich sechs Prozent habe die Umsatzsteuerermäßigung zur Einstellung neuer Mitarbeiter und zu Gehaltserhöhungen im Hotelgewerbe geführt. Er warnte zudem vor den Auswirkungen einer Rückgängigmachung der Steuersenkung auf die Tourismusbranche.

Zu TOP 12
Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes
BR-Drs. 555/12

Wesentlicher Inhalt:
Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung zu reduzieren und so das Risiko der Bildung von Resistenzen zu begrenzen, sowie den Behörden eine effizientere Überwachung zu ermöglichen. Kern des Entwurfs ist die Einfügung neuer §§ 58a, 58b, 58c und 58d nach dem § 58 („Anwendung bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen“), mit denen ein Antibiotika-Minimierungskonzept für Masttiere vorgesehen wird, das aus den folgenden Elementen besteht:
- Meldepflicht des Halters der Daten aller Antibiotikabehandlungen an eine noch von den Ländern einzurichtende Datenbank (§ 58a);
- Ermittlung der Kennzahl „Therapiehäufigkeit“ aus den gemeldeten Daten. Der Halter hat die betriebliche Kennzahl mit einem amtlich errechneten Bundesschnitt zu vergleichen (§ 58b). Liegt er mit seinem Betrieb über diesem Schnitt, hat er;
- zusammen mit seinem Tierarzt einen Minimierungsplan zu erstellen. Die Behörde kann diesen Plan prüfen und ggf. Anordnungen zum Bestandsmanagement treffen, die bis hin zur Reduzierung der Besatzdichte (§ 58c) geht.
Daneben sieht der Gesetzentwurf eine Reihe von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen vor.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz hatte in einer Sondersitzung eine umfangreiche Stellungnahme angenommen. Soweit die Anträge nicht redaktioneller bzw. präzisierender Natur sind, verschärfen sie das Konzept des Bundes vor allem durch zusätzliche Meldepflichten, kürzere Meldefristen, striktere Vorgaben für den Managementplan. Niedersachsen hat zwölf Anträge eingebracht. Der Finanzausschuss nahm eine kurze Stellungnahme an, mit der der Bund aufgefordert wird, die den Ländern entstehenden Kosten zu konkretisieren und zu minimieren. Der Ausschuss für Gesundheitspolitik empfahl, keine Einwendungen zu erheben.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat zu dem Gesetzentwurf mit den Stimmen Niedersachsens eine Stellungnahme beschlossen. Minister Lindemann ergriff im Plenum das Wort. Er begrüßte das Antibiotika-Minimierungskonzept. Es sei ein Konzept, das Tierhalter, Tierärzte und Behörden in die Lage versetze, gemeinsam Handlungsbedarf in der Tierhaltung zu erkennen und notwendige Maßnahmen zur messbaren Senkung des Antibiotikaverbrauchs durchzuführen. Wichtig sei ihm, dass alle von der Gesetzesnovelle Betroffenen, gestützt auf eine solide Rechtsgrundlage, umgehend die Senkung des Antibiotikaverbrauchs in Angriff nehmen können - und zwar mit einem praxistauglichen Konzept. Der Schutz von Mensch und Tier müsse stärker gewichtet werden als die Berufsfreiheit von Arzneimittelherstellern und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von Tierärzten.

Zu TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften
BR-Drs. 557/12

Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung will die elektronische Kommunikation zwischen Bürgerinnen/Bürgern und Verwaltung, aber auch zwischen den öffentlichen Institutionen erleichtern und mögliche Hindernisse abbauen. Bund, Länder und Gemeinden sollen einfachere, nutzerfreundlichere und effizientere elektronische Verwaltungsdienste anbieten können. Wesentliche Elemente des Gesetzentwurfs sind:
- Verpflichtung der Verwaltung einen elektronischen Zugang einzurichten und zusätzlich einen De-Mail-Zugang (Bei De-Mail handelt es sich um die Möglichkeit, Nachrichten und Dokumente über das Internet vertraulich, sicher und nachweisbar zu versenden und zu empfangen. Damit soll ein elektronisches Äquivalent zur heutigen Briefpost etabliert werden);
- Vereinfachung der elektronischen Bezahlung im Verwaltungsverfahren sowie Erleichterung der Verwendung von elektronischen Nachweisen;
- Erfüllung von Publikationspflichten durch elektronische Amts- und Verkündungsblätter;
- Gemeinsame Regeln für die elektronische Aktenführung;
- Bereitstellung von maschinenlesbaren Datenbeständen durch die Verwaltung (sog. open data);
- Ersetzung der Schriftform durch andere technische Verfahren als die elektronische Signatur.

Behandlung in den Ausschüssen:
Die an der Beratung beteiligten Ausschüsse des Bundesrates empfahlen eine Vielzahl von Änderungen. Der Finanzausschuss forderte, die Auswirkungen des Entwurfs auf die Haushalte der Länder und Kommunen genauer zu prüfen und zu quantifizieren. Ferner empfahl der Finanzausschuss, die grundsätzliche Einführung eines elektronischen Behördenverfahrens in das Ermessen der Länder- und Kommunalbehörden zu stellen. Der Wirtschaftsausschuss stellte fest, das geplante Gesetz werde nur dann Akzeptanz finden, wenn Kosten und Nutzen für die jeweiligen Zielgruppen in einem angemessenen Verhältnis stünden und der Erfassungsaufwand nicht von der Verwaltung auf andere Stellen verlagert würde. Vier Ausschüsse (Finanzen, Recht, Umwelt, Verkehr) erhoben gleichlautend verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Entwurf: Sie waren der Auffassung, das geplante E-Government-Gesetz solle auf Behörden des Bundes beschränkt bleiben und nicht auf Länder- und Kommunalbehörden inkl. öffentlicher Unternehmen anwendbar sein. Zur Begründung verwiesen die Ausschüsse auf die Vorgaben des Grundgesetzes (GG). Im Zusammenhang mit der Föderalismusreform sei Art. 91c in das Grundgesetz eingefügt worden. Danach wirken Bund und Länder bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb informationstechnischer Systeme zusammen. Das Instrument der gemeinsamen Zusammenarbeit sei die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern (Staatsvertrag) und nicht die einseitige Festlegung durch ein Bundesgesetz. Sinn und Zweck des Art. 91c GG sei die Berücksichtigung der Verwaltungsautonomie der Länder. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern müsse sich auf der Grundlage von Staatsverträgen vollziehen, ggf. koordiniert durch einen IT-Planungsrat. Nur so sei eine eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung gewährleistet. Der Innenausschuss empfahl, den Gesetzentwurf mit den geplanten Gesetzesvorhaben zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs bei den Gerichten abzustimmen und das Inkrafttreten auf das Jahr 2014 hinaus zu schieben.

Behandlung im Plenum:
Mit den Stimmen Niedersachsens ist der Bundesrat in seiner Stellungnahme im Wesentlichen den Änderungswünschen der Ausschüsse gefolgt. Keine Mehrheit fanden die von mehreren Ausschüssen formulierten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Gesetz.

Zu TOP 18
Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes
BR-Drs. 597/12

Wesentlicher Inhalt:
Mit einem Gesetzentwurf zur Änderung des Umfangs der Personensorge will die Bundesregierung Rechtssicherheit für eine wirksame Einwilligung von Eltern in eine nicht medizinisch indizierte, zum Beispiel religiös motivierte, Zirkumzision wiederherstellen. Das Landgericht Köln hatte mit Urteil vom 7. Mai 2012 entschieden, dass die Beschneidung eines vierjährigen Jungen trotz Einwilligung der Eltern eine Körperverletzung darstelle. Der Gesetzentwurf sieht eine klarstellende Regelung im Recht der elterlichen Sorge vor. Danach soll die Personensorge der Eltern ausdrücklich auch das Recht umfassen, in eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung ihres nicht einsichts- und urteilsfähigen Sohnes einzuwilligen. Voraussetzung soll die Einhaltung bestimmter Anforderungen sein. Im Einzelfall darf auch das Kindeswohl nicht gefährdet sein. In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Sohnes sollen neben Ärztinnen und Ärzten auch von einer Religionsgesellschaft vorgesehene Personen die Beschneidung durchführen können. Voraussetzung ist, dass sie dafür besonders ausgebildet und für die Durchführung der Beschneidung einer Ärztin oder einem Arzt vergleichbar befähigt sind. Dem Gesundheitsschutz des Kindes soll insbesondere durch die Bindung an die Regeln der ärztlichen Kunst, die davon umfasste effektive Schmerzbehandlung und das Erfordernis umfassender Aufklärung Rechnung getragen werden.

Behandlung in den Ausschüssen:

Der federführende Rechtsausschuss und der Gesundheitsausschuss hatten empfohlen, eine Stellungnahme zu beschließen. Zwar werde grundsätzlich begrüßt, dass mit dem Gesetzentwurf Rechtssicherheit geschaffen werden soll. Andererseits werde aber bezweifelt, dass der Gesetzentwurf dieses Ziel erreichen könne. Infolge der Notwendigkeit der Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen - wie z.B. „besonders ausgebildet ohne Arzt zu sein“ oder „im Einzelfall gebotene und wirkungsvolle Schmerzbehandlung“ - könnte entgegen der Intention des Entwurfs neue Rechtsunsicherheit geschaffen werden. Die Ausschüsse für Frauen und Jugend sowie für Familie und Senioren hatten keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf empfohlen.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.

Zu TOP 23
Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank
BR-Drs. 546/12
in Verbindung mit
Zu TOP 24
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich ihrer Wechselwirkungen mit der Verordnung (EU) Nr. …/… des Rates zur Übertragen besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank
BR-Drs. 547/12

Wesentlicher Inhalt:

Ziel des Vorschlags zu TOP 23 ist die Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus in Europa, um die angemessene Überwachung eines integrierten Bankensektors und ein hohes Maß an Finanzstabilität in Europa zu gewährleisten. Hierzu sollen der Europäischen Zentralbank (EZB) bestimmte zentrale Aufgaben im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von Kreditinstituten übertragen werden. Vorgesehen sind insbesondere folgende Aufgaben:
- Zulassung von Kreditinstituten und Entzug dieser Zulassungen
- Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Liquiditäts- und Eigenkapitalanforderungen sowie die Festlegung institutsspezifischer Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen
- Festlegung und Sicherstellung zusätzlicher Kapitalpuffer
- Festlegung von Governance-Anforderungen
- Durchführung aufsichtsrechtlicher Stresstests
- Absetzung von Mitgliedern des Leitungsorgans eines Kreditinstituts
- Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten.
Die EZB soll dabei mit entsprechenden umfassenden Informations-, Prüf- und Eingriffsrechten ausgestattet werden sowie Geldstrafen verhängen dürfen. Die nicht der EZB ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben sollen bei den nationalen Aufsichtsbehörden verbleiben, so z. B. Verbraucherschutz, die Geldwäscheprävention, der Zahlungsverkehr und die Überwachung von Kreditinstituten aus Drittstaaten. Die demokratische Legitimation soll durch jährliche Rechenschaftsberichte gegenüber dem EU-Parlament und dem Rat erfolgen. Eine Trennung von Geldpolitik und Aufsicht soll durch die Errichtung eines speziellen Aufsichtsgremiums gewährleistet werden. Zur Finanzierung der Aufsichtstätigkeit der EZB ist die Erhebung von Gebühren auf Ebene der beaufsichtigten Institute vorgesehen. Die Verordnung soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt soll die EZB grundsätzlich die Aufsicht über alle Kreditinstitute des Euroraums wahrnehmen. In einer Übergangsphase soll sich dies zunächst nur auf Banken konzentrieren, die eine öffentliche finanzielle Unterstützung beantragt oder erhalten haben. Ab 1. Juli 2013 sollen dann die europaweit bedeutendsten systemrelevanten Banken und ab dem 1. Januar 2014 alle übrigen Kreditinstitute der Aufsicht der EZB unterstellt werden. Der Vorschlag zu TOP 24 hat zum Ziel, Änderungen an der Verordnung zur Errichtung der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) vorzunehmen, die sich aus der Übertragung von Aufsichtsaufgaben auf die EZB ergeben. Dabei soll gewährleistet bleiben, dass die EBA ihre bisherige Funktion weiterhin erfüllen und das für alle Mitgliedsstaaten geltende einheitliche Regelwerk („Single Rule Book“) weiterentwickeln kann. Neben verschiedenen redaktionellen Änderungen sollen vor allem die Abstimmungsmodalitäten im Beschlussorgan der EBA geändert werden, um zu verhindern, dass die Eurostaaten in bestimmten Fällen eine wirksame Kontrolle der EZB durch die EBA blockieren können.

Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Finanz- und der Wirtschaftsausschuss empfahlen zu TOP 23 jeweils eine kritische Stellungnahme. Eine zentrale Beaufsichtigung sämtlicher Kreditinstitute der Eurozone durch die EZB wird danach abgelehnt. Die Aufsicht müsse sich vielmehr auf große, systemrelevante und grenzüberschreitend tätige Kreditinstitute beschränken. Zu TOP 24 empfahlen der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Wirtschaftsausschuss ebenfalls eine Stellungnahme. Der Finanzausschuss empfahl die Kenntnisnahme des Verordnungsvorschlags.

Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat beschloss zu beiden Tagesordnungspunkten mit den Stimmen Niedersachsens eine Stellungnahme. Ein gemeinsamer Antrag der Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen zu TOP 23 auf Erhebung einer Subsidiaritätsrüge fand im Plenum keine Mehrheit. Ministerpräsident David McAllister ergriff zu TOP 23 im Plenum das Wort. In seiner Rede begrüßte er die Einführung einer Europäischen Bankenaufsicht und sprach sich zum Erhalt der Finanzstabilität für eine Überwachung systemrelevanter, grenzüberschreitend tätiger Banken aus. Zugleich gab er zu bedenken, dass eine zentrale Beaufsichtigung von etwa 6.000 Banken in Europa durch die EZB bedeute, dass jede kleine oder mittlere Bank in Deutschland unmittelbar der Aufsicht der EZB unterliegen würde. Dies sei weder zweckmäßig, noch diene es der Finanzstabilität in Europa. Er betonte, in der Finanzmarktkrise habe sich gezeigt, dass vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland ein „Fels in der Brandung“ und nicht die Auslöser der Krise waren. Die nationale Beaufsichtigung dieser Institute habe sich bewährt, eine zentrale Beaufsichtigung lasse dagegen keine Vorteile erkennen. Es bestehe vielmehr die Gefahr der Marktferne und der Verzögerung wichtiger Entscheidungen. Daher dürften sie nicht den gleichen Aufsichtsmaßnahmen unterworfen werden wie große, systemrelevante Banken. Zur Begründung der Subsidiaritätsrüge trug McAllister vor, dass die Kommission nur insoweit tätig werden dürfe, wie eine Übertragung von Aufsichtsaufgaben an die EZB nicht durch nationale Gesetze besser auf regionaler oder lokaler Ebene verwirklicht werden könne. In Bezug auf kleine und mittlere Bankinstitute werde dieses Prinzip durch den Verordnungsvorschlag aber verletzt.

Zu TOP 35
Entschließung des Bundesrates zur Abschaffung der Praxisgebühr
- Antrag der Länder Nordrhein-Westfalen, Hamburg -
BR-Drs. 650/12

Wesentlicher Inhalt:
Die antragstellenden Länder möchten die Bundesregierung mit einer Entschließung auffordern, umgehend die sogenannte Praxisgebühr abzuschaffen. Aus Sicht der Antragsteller hat sich die Gebühr von zehn Euro pro Quartal nicht bewährt. Das Ziel, die Eigenverantwortung der Versicherten zu stärken und unnötige Arztbesuche bei Bagatellanliegen zu vermeiden, sei nachweislich nicht erreicht. Zudem stelle die Praxisgebühr in Einzelfällen sogar eine Zugangshürde zur ambulanten ärztlichen Versorgung dar. Aufgrund der aktuellen Finanzlage in der gesetzlichen Krankenversicherung erscheine eine Streichung derzeit auch finanziell verkraftbar.

Behandlung im Plenum:
Der Antrag Brandenburgs auf sofortige Sachentscheidung hat im Bundesrat keine Mehrheit erhalten. Auch Niedersachsen votierte gegen eine sofortige Sachentscheidung. Die Vorlage ist dem Gesundheitsausschuss zur Beratung überwiesen worden.




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Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs

Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10
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Tel: 030/72629-1700
Fax: 030/72629-1702

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