899. Sitzung des Bundesrates am 06. Juli 2012
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 5
Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-Entgeltgesetz - PsychEntG)
BR-Drs. 349/12
TOP 6
Gesetz zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten
BR-Drs. 350/12
TOP 7
Gesetz zur Begleitung der Reform der Bundeswehr
(Bundeswehrreform-Begleitgesetz - BwRefBeglG)
BR-Drs. 351/12
TOP 12
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 342/12
TOP 14
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes
BR-Drs. 300/12
TOP 54
Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus
BR-Drs. 380/12
Zu TOP 5
Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-Entgeltgesetz - PsychEntG)
BR-Drs. 349/12
Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz enthält im Wesentlichen die näheren Regelungen für die Einführung eines bundeseinheitlichen pauschalierenden Vergütungssystems auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten bei den psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen in den Jahren 2013 bis 2021. Die Vergütung wird derzeit krankenhausindividuell auf der Basis der Bundespflegesatzverordnung zwischen den Krankenhaus- und Kostenträgern vereinbart. Die pauschalierende Vergütung lehnt sich eng an die Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes über das diagnose-orientierte Fallpauschalen-Vergütungssystem (DRG) bei den somatischen Krankenhäusern an. Mit dem Gesetz sollen die Rahmenbedingungen für dieses neue Vergütungssystem für voll- und teilstationäre Leistungen psychiatrischer und psychosomatischer Einrichtungen geschaffen werden. Dabei sind eine vierjährige Einführungsphase (budgetneutrale Phase von 2013 bis 2016) und eine fünfjährige Überführungsphase (Konvergenzphase von 2017 bis 2021) vorgesehen. In den Jahren 2013 und 2014, den sog. Optionsjahren, können die Einrichtungen entscheiden, ob sie das neue Entgeltsystem umsetzen wollen, ab 2015 ist die Anwendung für alle Einrichtungen verpflichtend. Die Bundesregierung betont, dass es sich um ein lernendes System handele und der lange Einführungszeitraum auch den noch zu leistenden Entwicklungsarbeiten für das neue Entgeltsystems Rechnung tragen soll. Nachdem der Bundesrat am 2. März 2012 Stellung genommen hatte, wurde der Gesetzentwurf am 14. Juni 2012 im Bundestag angenommen. Mit dem Gesetzesbeschluss rückte zusätzlich ein einzelner Regelungsgegenstand in den Blickpunkt, nämlich die Finanzierung der Kosten des laufenden Betriebs der Krankenhäuser. Die Änderungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes betreffen unter anderem die Ergänzung der Regelung über die "Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für DRG-Krankenhäuser" um die Verpflichtung der Vertragspartner, einen gemeinsamen Forschungsauftrag zur Untersuchung der medizinischen Leistungsentwicklung und der bestehenden Einflussgrößen zu vergeben, um deren Auswirkungen auf die Qualität der Versorgung und die Finanzierung zu untersuchen. Zudem gibt es folgende weitere Änderungen:
- Einführung des anteiligen Orientierungswerts (Veränderungswert) ab dem Jahr 2013 im somatischen Krankenhausbereich;
- Ausdehnung des Anwendungsbereichs des anteiligen Orientierungswerts auf die stationären Psych-Einrichtungen;
- 50-prozentige Tarifrefinanzierung von für das Jahr 2012 vereinbarten Lohn- und Gehaltssteigerungen noch in diesem Jahr.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Gesundheitsausschuss empfahl dem Bundesrat, zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen. Unter anderem wurde für somatische Krankenhäuser eine vollständige Tarifrefinanzierung für das Jahr 2012, die Einführung des vollen Orientierungswerts ab 2013, ein abgesenkter und gestaffelter Mehrleistungsabschlag für vereinbarte Mehrleistungen ab dem Jahr 2013 sowie der vollständige Wegfall der absenkenden Berücksichtigung von bereits finanzierten Fixkosten bei zusätzlichen Leistungen im Rahmen der Verhandlung des Landesbasisfallwertes gefordert. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfahl dem Bundesrat ebenfalls, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Änderungen im Dritten Buch Sozialgesetzbuch sollten die soziale Absicherung der atypisch Beschäftigten verbessern und die Arbeitslosenversicherung in ihrer Funktion als primäre soziale Sicherung stärken.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschusses nicht angerufen. Auch Niedersachsen hat gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses gestimmt.
Zu TOP 6
Gesetz zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten
BR-Drs. 350/12
Wesentlicher Inhalt:
Der sog. „Warnschussarrest“ eröffnet im Jugendstrafrecht die Möglichkeit, neben einer Jugendstrafe zur Bewährung auch einen Jugendarrest von bis zu vier Wochen zu verhängen und optimiert damit das Sanktionsinstrumentarium für das Jugendgericht. Der Arrest muss zu Beginn der Bewährungszeit innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils vollstreckt werden. Die Anordnung ist möglich, um dem Jugendlichen seine Verantwortlichkeit für das begangene Unrecht und die Folgen weiterer Straftaten zu verdeutlichen¸ um den Jugendlichen für eine begrenzte Zeit aus einem Lebensumfeld mit schädlichen Einflüssen herauszunehmen oder um im Vollzug des Jugendarrests eine nachdrücklich erzieherische Einwirkung zu erreichen, jeweils mit dem Ziel eines erfolgreichen Verlaufs der Bewährungszeit. Darüber hinaus wird mit dem Gesetz die Höchststrafe bei Mord für Heranwachsende, auf die das Jugendstrafrecht angewendet wird, von 10 auf 15 Jahre heraufgesetzt. Ferner erhält das Institut der „Vorbewährung“ eine gesetzliche Grundlage. Ihre Anordnung kommt in Betracht, wenn eine positive Prognose im Zeitpunkt des Urteils absehbar möglich erscheint oder die Feststellung der positiven Prognose im Urteilszeitpunkt weitere Ermittlungen voraussetzt. Die Höchstfrist der Vorbewährung beträgt sechs Monate. In dieser Zeit darf die Jugendstrafe nicht vollstreckt werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss, der Finanzausschuss und der Ausschuss für Frauen und Jugend haben empfohlen, den Vermittlungsausschuss aus zwei Gründen anzurufen:
- Für die neu vorgesehene Ausweitung des Anwendungsbereichs der freiheitsentziehenden Maßnahme „Warnschussarrest“ im Jugendstrafrecht bestehe kein Bedarf. Die Regelung sei überflüssig und rechtssystematisch falsch.
- Die Erhöhung des Höchstmaßes der Jugendstrafe sei überflüssig. Der Anwendungsbereich betreffe eine verschwindend geringe Anzahl von Fällen. Dazu sei die ungleiche Behandlung von Jugendlichen und solchen Heranwachsenden, die zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleichstanden, nicht gerechtfertigt.
Der Finanzausschuss hat in seiner Begründung zusätzlich auf die zu erwartenden Mehrkosten durch den zusätzlichen Arrest hingewiesen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Auch Niedersachsen hat gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses gestimmt.
Zu TOP 7
Gesetz zur Begleitung der Reform der Bundeswehr
(Bundeswehrreform-Begleitgesetz - BwRefBeglG)
BR-Drs. 351/12
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetz soll ein weiterer Schritt zur Neuausrichtung der Streitkräfte nach der Aussetzung der Wehrpflicht und dem Umbau der Bundeswehr zu einer Freiwilligen-Armee vollzogen werden. So werden in den kommenden Jahren 31 Standorte schließen und viele deutlich verkleinert. Dabei werden die Dienstposten der Streitkräfte und des zivilen Personals an die neuen Strukturen angepasst und verringert. Hauptziel des Begleitgesetzes ist ein schneller, einsatzorientierter und sozialverträglicher Personalabbau. Im Wesentlichen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:
Vorrangig soll eine Weiterbeschäftigung des Personals angestrebt werden, das keine Aufgabe mehr in den neuen Strukturen der Bundeswehr findet. So sollen vor allem Beschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Ressorts und anderen öffentlichen Arbeitgebern gefunden werden. Für den Fall, dass sich für einen Beschäftigten der Bundeswehr keine angemessene Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst realisieren lässt, stellt das Gesetz etwa Ausgleichszahlungen für Berufssoldaten in Aussicht sowie die Möglichkeit eines Vorruhestands. Die Hinzuverdienstgrenzen für vorzeitig aus dem Dienst scheidende Soldaten und Beamte werden angehoben, um eine angemessene Altersversorgung zu ermöglichen. Der Gesetzentwurf berücksichtigt ferner Änderungsbedarf in wehr- und beamtenrechtlichen Vorschriften, der sich aus der neuen Organisationsstruktur der Bundeswehr ergibt. So soll u. a. für Reservisten, die ehrenamtlich Verbindungs- und Führungsfunktionen im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit übernehmen, Rechtssicherheit durch ein neues Reservestatusgesetz geschaffen werden. Dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr werden die Aufgaben des Bundesamtes für Wehrverwaltung und der Wehrbereichsverwaltung übertragen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Ausschuss für Verteidigung hat dem Bundesrat empfohlen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat einstimmig beschlossen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
Zu TOP 12
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 342/12
Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf dient der Vermeidung von Härtefällen aus humanitären Gründen, die dadurch entstehen können, dass ohne Ausnahmemöglichkeit an der Voraussetzung des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache für Familienangehörige festgehalten wird, die in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers aufgenommen werden wollen. Das Bundesvertriebenenrecht fordert für die Aufnahme von Ehegatten oder Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers von den Ehegatten oder Abkömmlingen den Nachweis des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache vor der Ausreise aus dem Aussiedlungsgebiet. Das Erfordernis des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache als strikte Voraussetzung für die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers kann in Einzelfällen hinsichtlich des Ehegatten bzw. des Abkömmlings zu unbilligen Härten führen. In der Verwaltungspraxis und durch Eingaben hat sich gezeigt, dass es in bestimmten Fällen auch über den bereits gesetzlich geregelten Ausnahmefall der Behinderung im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch weitere Fälle gibt, in denen das Festhalten an der Voraussetzung des Besitzes von Grundkenntnissen der deutschen Sprache eine unbillige Härte darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ehegatte oder Abkömmling aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder in einem vergleichbaren Fall nicht in der Lage ist, die erforderlichen Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Ausschuss für Familie und Senioren empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat ist der Empfehlung der Ausschüsse gefolgt und hat den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingebracht. Ferner hat der Bundesrat Minister Uwe Schünemann als Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und in seinen Ausschüssen bestellt.
Zu TOP 14
Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes
BR-Drs. 300/12
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetzentwurf soll das geltende Tierschutzgesetz in den folgenden Punkten geändert werden:
- Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/63/EU über den Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere („Versuchstier-RL“); Einführung des 3R-Prinzips zur Vermeidung, Verminderung und Verbesserung von Tierversuchen;
- Einsetzung einer betrieblichen Eigenkontrolle zum Tierschutz;
- Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2017;
- Verbot des Schenkelbrands bei Pferden;
- Verordnungs-Ermächtigung der Bundesregierung bezüglich der Zurschaustellung bestimmter Tiere wildlebender Arten an wechselnden Orten;
- Verordnungs-Ermächtigung der Landesregierungen bezüglich herrenloser Katzen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Im federführenden Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz wurde nach einer Unterausschuss-Befassung aus rund 70 Anträgen eine rund 50 Ziffern umfassende Ausschussempfehlung formuliert. Niedersachsen setzte sich durch eigene Anträge, die alle Aufnahme in die Ausschussempfehlung fanden, für die folgenden Anliegen ein:
- Die Bundesregierung soll ermächtigt werden, Tierschutzindikatoren zur Beurteilung der Tiergesundheit und des Tierverhaltens festzulegen;
- nach deutschem Recht tierschutzwidrig amputierte Wirbeltiere sollen weder nach Deutschland eingeführt, noch im Geltungsbereich des Tierschutzgesetzes gehalten werden dürfen;
- die Strafvorschriften des Tierschutzgesetzes sollen nicht nur bei „Schmerzen und Leiden“, sondern zusätzlich auch bei „Schäden“ greifen, da manifeste Schäden für den Vollzug leichter justitiabel feststellbar sind als „Schmerzen und Leiden“.
Von diesen niedersächsischen Anliegen abgesehen, wurden u.a. die folgenden im Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz von anderen Bundesländern vorgebrachten Anliegen in die Ausschussempfehlung aufgenommen:
Tierversuche sollen weiter zurückgedrängt werden, indem bisher nur anzeigepflichtige Versuche der Genehmigungspflicht unterworfen und der Öffentlichkeit weitgehende Transparenz über Tierversuche geschaffen wird; Versuche an Menschenaffen sollen weitgehend verboten werden. Ausnahmen vom Betäubungsgebot und Amputationsverbot sollen weiter eingeschränkt werden. Die Haltung von Tieren wildlebender Arten in Zirkussen, das Abhalten von Tierbörsen wildlebender Arten sowie die Pelztierhaltung sollen verboten; Ponyreitbahnen, rodeoähnliche Veranstaltungen und das Halten von Wild in Gehegen soll einem Erlaubnisvorbehalt unterworfen werden. Sachkundenachweise und andere Anforderungen verschärfen insbesondere die Nutztierhaltung. Hunde und Katzen sollen gekennzeichnet, das Qualzuchtverbot stringenter neu formuliert werden. Der mitberatende Ausschuss für Kultur nahm, aus Sicht der wissenschaftlichen Forschung, eine kurze Empfehlung an, die sich dafür ausspricht, die wissenschaftliche Forschung durch den Tierschutz nicht mehr als zur Umsetzung der Ziele der RL 2010/63/EU erforderlich zu beeinträchtigen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die von den Ausschüssen empfohlene Stellungnahme abgegeben. Minister Gert Lindemann hat im Bundesrat das Wort genommen.
Zu TOP 54
Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus
BR-Drs. 380/12
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Rechtsextremismus-Datei-Gesetz soll als Reaktion auf die aktuelle Bedrohung durch den Rechtsextremismus der Informationsaustausch zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder verbessert werden. Durch Änderung des BVerfSchG sollen außerdem die Verfassungsschutzbehören die Befugnis erhalten, Textdateien und Dateien mit sonstigen Daten im Verfassungsschutzverbund auch in Bezug auf rechtsextremistische Bestrebungen zu führen. Die Regelungen zur zentralen Rechtsextremismus-Datei sind an das Anti-Terror-Datei-Gesetz angelehnt. Die Datei soll Informationen über den gewaltbezogenen Rechtsextremismus aufnehmen.
Die beteiligten Behörden (BKA, BPol, MAD, BfV, Landeskriminalämter und weitere zu benennende Polizeibehörden sowie die Verfassungsschutzbehörden der Länder) werden verpflichtet, Informationen zu speichern über
- Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einer terroristischen Vereinigung mit rechtsextremistischem Hintergrund angehören oder die wegen Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund aufgefallen sind;
- Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in Verbindung mit rechtsextremistischen Bestrebungen zu Gewalt aufrufen, Gewaltanwendung unterstützen, vorbereiten oder hervorrufen oder bei denen Schusswaffen ohne entsprechende Berechtigungen aufgefunden wurden;
- Kontaktpersonen aus der rechtsextremistischen Szene sowie
- Vereinigungen, Gruppierungen und Sachen, wenn ein einschlägiger Bezug zu den zu speichernden Personen besteht.
Zum Schutz von Geheimhaltungsinteressen besteht die Möglichkeit der beschränkten Speicherung, bei der auf die Speicherung von bestimmte Daten verzichtet wird, und der verdeckten Speicherung, bei der im Trefferfall nur die einstellende Behörde benachrichtigt wird. Die Datei wird als Index-Datei geführt, d.h. außer im Eilfall dürfen Daten nur für entsprechende Abfragen bei der einstellenden Behörde verwendet werden. Im Rahmen von zeitlich begrenzten Projekten ist auch eine sogenannte erweiterte Nutzung der Datei zu Analysezwecken zulässig. Die Projekte müssen sich auf die Verfolgung oder Verhinderung von bestimmten katalogmäßig aufgeführten Straftaten oder auf konkrete rechtsextremistische Bestrebungen beziehen, die auf Gewaltanwendung oder die Vorbereitung von Gewaltanwendung gerichtet sind. Angeordnet wird die erweiterte Nutzung durch die jeweilige für die Fachaufsicht zuständige oberste Landes- oder Bundesbehörde.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Darüber hinaus empfahl er das Fassen einer Entschließung, die auf einen Antrag der Länder Niedersachsen, Hessen und Thüringen zurückging.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Der Bundesrat hat darüber hinaus mit den Stimmen Niedersachsens die Entschließung gefasst. Danach begrüßt der Bundesrat das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Mit der Errichtung einer gemeinsamen Datei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten werde auch eine wichtige und richtige Konsequenz aus der unzureichenden Aufklärung der NSU-Mordserie gezogen. Dem Bundesrat erscheinen allerdings die behördlichen Befugnisse teilweise nicht weitgehend genug. Insbesondere reichen die vorgesehenen Befugnisse nicht aus, um die Verbunddatei NADIS-neu als umfassendes Analyseinstrument nutzen zu können. Zudem werde es im Zusammenhang mit waffenrechtlichen Erlaubnissen als geboten angesehen, auch Abfragen bei den Verfassungsschutzbehörden einzuführen. Der Bund halte damit an seiner in der 893. Sitzung am 2. März 2012 beschlossenen Stellungnahme fest und bittet Bundestag und Bundesregierung, diese Anliegen in nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren umzusetzen.
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Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
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