887. Sitzung des Bundesrates am 30. September 2011
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 1
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Stabilisierungsmechanismus - StabMechG)
BR-Drs. 569/11
Zu TOP 1
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Stabilisierungsmechanismus - StabMechG)
BR-Drs. 569/11
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetz werden die Anpassungen des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG) vom 22. Mai 2010 an die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11. März und 21. Juli 2011 vollzogen. Das StabMechG ist die gesetzliche Grundlage für die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der bis zum 30. Juni 2013 befristeten Zweckgesellschaft „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ (EFSF). Die EFSF ist von den Staaten, deren Währung der Euro ist, am 7. Juni 2010 mit dem Ziel gegründet worden, mit Krediten von bis zu 440 Mrd. Euro eine drohende Zahlungsunfähigkeit von Euro-Mitgliedsstaaten abzuwenden. Die EFSF refinanziert sich am Kapitalmarkt und erhält zur Absicherung Garantien von den Euro-Mitgliedsstaaten. Die Haftung der Eurostaaten aus ausgestellten Garantien erfolgt anteilig nach dem jeweiligen Kapitalanteil an der Europäischen Zentralbank (EZB). Ab dem 1. Juli 2013 soll der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages errichtet werden und die Aufgaben der EFSF mit übernehmen. Die Anpassungen sehen vor, dass die EFSF nunmehr in die Lage versetzt wird, die vereinbarte maximale Darlehenskapazität in vollem Umfang bereitzustellen. Aufgrund der für eine erstklassige Bonität notwendigen Übersicherungserfordernisse am Kapitalmarkt bedarf es dafür einer Anhebung des Garantierahmens von 440 Mrd. Euro auf 780 Mrd. Euro. Hieraus errechnet sich für Deutschland eine Erhöhung des Garantievolumens an der EFSF von bisher 123 Mrd. Euro auf nunmehr 211,0459 Mrd. Euro. Außerdem haben die Staats- und Regierungschefs der Eurozone beschlossen, dass die EFSF mit weiteren Instrumenten zur frühzeitigen und flexiblen Bekämpfung von Ansteckungsgefahren ausgestattet wird. Danach soll es der EFSF künftig möglich sein, unter Bindung an entsprechende Auflagen auf Antrag eines Euro-Mitgliedsstaates zu dessen Gunsten
- Staatsanleihen auf dem Primärmarkt oder dem Sekundärmarkt aufzukaufen,
- vorsorgliche Kreditlinien bereitzustellen,
- Darlehen zur Refinanzierung seiner Finanzinstitute zu vergeben.
Jede Maßnahme darf nur gewährt werden, wenn dies unabdingbar ist, um die Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt zu wahren. Die Gefährdung der Finanzstabilität ist vor der Gewährung durch die anderen Mitgliedsstaaten gemeinsam mit der (EZB) und nach Möglichkeit mit dem Internationalen Währungsfons festzustellen. Der Aufkauf von Staatsanleihen eines Mitgliedsstaates auf dem Sekundärmarkt erfordert darüber hinaus die Feststellung außergewöhnlicher Umstände auf dem Finanzmarkt durch die EZB. Neben den neu gefassten Beteiligungsrechten des Deutschen Bundestages und des Haushaltsausschusses des Bundestages enthält das Gesetz auch eine Regelung zur Unterrichtung des Bundesrates in Angelegenheiten der EFSF. Danach unterrichtet die Bundesregierung den Bundesrat schriftlich. Einzelheiten sind einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vorbehalten. Der Bundesrat hatte zuletzt in seiner Sitzung am 23. September 2011 auf der Grundlage eines Antrags aller Länder eine Stellungnahme beschlossen (BR-Drucksache 872/10) und darin einstimmig die Aufnahme einer umfassenden, fortlaufenden Unterrichtung zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt über die beabsichtigten Entscheidungen der EFSF und der Entwicklung in den unterstützten Staaten in das StabMechG gefordert.
Behandlung in den Ausschüssen:
Ausschussberatungen fanden nicht statt. Das Gesetz wurde dem Bundesrat am 29. September 2011 zugeleitet. Einer Fristverkürzungsbitte des Deutschen Bundestages mit dem Ziel einer Beratung des Gesetzes in einer Sondersitzung des Bundesrates am 30. September 2011 wurde entsprochen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat beschlossen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Auch Niedersachsen hat gegen eine Anrufung des Vermittlungsausschusses gestimmt. Eine gemeinsame Erklärung aller Bundesländer wurde zu Protokoll gegeben. Minister Bode hielt im Plenum eine Rede. Darin begrüßte er die Einführung weiterer Instrumente für die EFSF. Er betonte, dass darüber hinaus ein Verfahren gefunden werden müsse, das die Umschuldung bzw. Insolvenz regele, wenn ein Staat sein Schuldenproblem nicht lösen könne. Einer weiteren Erhöhung des Volumens der EFSF erteilt er eine Absage.
Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
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