877. Sitzung des Bundesrats am 26.11.2010
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung
TOP 2
Sechstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 745/10
TOP 4
Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010)
BR-Drs. 679/10
TOP 6
Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)
BR-Drs. 681/10
TOP 8a)
Elftes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes
BR-Drs. 683/19
TOP 8b)
Zwölftes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes
BR-Drs. 684/10
TOP 8c)
Gesetz zur Errichtung eines (EKFG) Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“
BR-Drs. 686/10
TOP 8d)
Kernbrennstoffsteuergesetz (KernbrStG)
BR-Drs. 687/10
TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 661/10
TOP 21
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
BR-Drs. 646/10
TOP 28
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Besteuerung des Finanzsektors
BR-Drs. 657/10
TOP 41
Erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung
BR-Drs. 530/10
TOP 46
Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung
BR-Drs. 699/10
Zu TOP 2
Sechstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 745/10
Wesentlicher Inhalt:
Zu diesem Gesetz hatte der Bundesrat bereits im Dezember letzten Jahres den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel einer grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes angerufen. Die Länder sind mit der vom Bundestag beschlossenen Absenkung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft für Langzeitarbeitslose von 25,4 auf durchschnittlich 23,6 Prozent für das Jahr 2010 nicht einverstanden. Zudem hatten sie die im Gesetz enthaltene Berechnungsgrundlage kritisiert. Der Vermittlungsausschuss hat das Verfahren am 10. November 2010 ohne Einigungsvorschlag abgeschlossen. Da das Gesetz dem Bundesrat in seiner Sitzung am 26. November 2010 somit in unveränderter Fassung vorlag, hatten die Länder nunmehr darüber zu entscheiden, ob sie es akzeptieren oder Einspruch einlegen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen, gegen das vom Deutschen Bundestag am 04. Dezember 2009 verabschiedete Gesetz Einspruch einzulegen.
Zu TOP 4
Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010)
BR-Drs. 679/10
Wesentlicher Inhalt:
Das Jahressteuergesetz 2010 dient der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen, um steuerliche Regelungen zu konkretisieren, sie an die aktuelle Rechtsprechung anzupassen, materielle Fehler zu beseitigen und sie mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Gegenüber der ursprünglichen Gesetzesfassung verabschiedete der Deutsche Bundestag mehrere Änderungen. Hervorzuheben ist die Anhebung der Steuerbefreiung für Aufwandsentschädigungen bei ehrenamtlichen Betreuern und Vormündern sowie bei rechtlichen Betreuern und Pflegschaften von bisher 500 Euro auf bis zu 2.100 Euro pro Jahr, die auf eine Initiative Niedersachsens aus dem ersten Bundesratsdurchgang zurück geht. Zudem wurde der Betriebs-/ Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer teilweise wieder zugelassen. Ferner wurde die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung umgesetzt und die Steuerpflicht für vom Finanzamt geleistete Zinsen auf Steuererstattungen eingeführt. Hinzu kommt rückwirkende Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten im Erbschafts- und Schenkungssteuerecht in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen. Die Bekanntgabe der erstmals elektronisch gespeicherten Daten des Arbeitnehmers für das Lohnsteuerabzugsverfahren (ELStAM) nach Wegfall der Lohnsteuerkarte soll abweichend vom Gesetzentwurf nicht durch den Arbeitgeber, sondern unmittelbar durch die Finanzämter der Länder erfolgen. Damit werden den Unternehmen geschätzte Bürokratiekosten in Höhe von 95 Mio. Euro erspart, die Länder allerdings mit mindestens 15 Mio. Euro belastet. Das Gesetz führt zu Steuermindereinnahmen von jährlich insgesamt rund 195 Mio. Euro. Davon entfallen 87 Mio. Euro auf den Bund, 75 Mio. Euro auf die Länder und 33 Mio. Euro auf die Gemeinden. Die Mindereinahmen sind in den ersten beiden Jahren aufgrund von Einmaleffekten allerdings deutlich höher.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss empfahl dem Bundesrat die Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens dem Gesetz zugestimmt. Die Bundesregierung gab im Bundesrat eine Erklärung zu Protokoll, wonach sie bereit sei, in dem beabsichtigten Gesetzgebungsverfahren zur Steuervereinfachung die Länder um die Kosten zu entlasten, die durch die Bekanntgabe der erstmals gespeicherten Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) durch die Finanzämter einmalig entstehen.
Zu TOP 6
Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz)
BR-Drs. 681/10
Wesentlicher Inhalt:
Als Konsequenz aus der Finanzmarktkrise enthält das Gesetz eine Reihe sich ergänzender Regelungen, um Kreditinstitute, die in Schieflage geraten, in einem geordneten Verfahren entweder zu sanieren oder abzuwickeln. Zum frühzeitigen Eingreifen und zur Krisenbewältigung werden die aufsichtsrechtlichen Instrumente erweitert. Zur eigenverantwortlichen Krisenbewältigung sieht das Gesetz ein Sanierungs- und Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute vor. Außerdem ist die Erhebung einer Bankenabgabe zur Finanzierung künftiger Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen enthalten, deren Aufkommen in einem zu errichtenden Restrukturierungsfonds als Sondervermögen des Bundes von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung verwaltet wird. Die Höhe der Beiträge, die erstmalig zum 30. September 2011 zu leisten sind, bemisst sich nach dem systemischen Risiko einer Bank. Von der Beitragspflicht sind alle Bankinstitute betroffen, mit Ausnahme der staatlichen KfW-Bank und der Förderbanken der Länder, soweit sie nicht körperschaftssteuerpflichtig sind. Neben laufenden Beiträgen, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht abzugsfähig sind, ist auch die Erhebung von Sonderbeiträgen möglich, die allerdings steuerlich abgesetzt werden können. Die näheren Einzelheiten, insbesondere die Höhe der Beiträge, werden in einer gesondert zu erlassenden Verordnung durch das Bundesfinanzministerium ohne Zustimmung des Bundesrates geregelt. Das Aufkommen soll jährlich rund 1,2 Mrd. Euro betragen. Die Zielgröße des Fonds wurde mit 70 Mrd. Euro festgelegt. Im Falle einer Inanspruchnahme des Fonds dürfen die Vergütungen von Mitarbeitern betroffener Unternehmen des Finanzsektors 500.000 Euro jährlich nicht überschreiten.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens dem Gesetz zugestimmt. Die Bundesregierung gab zuvor eine Erklärung zu Protokoll. Danach erklärt sie sich bereit, im Rahmen des geplanten Gesetzes zur Umsetzung der Neufassung der OGAW-Richtlinie die Zustimmungsbedürftigkeit der Rechtsverordnung aufzunehmen. Darüber hinaus erklärte sie die Bereitschaft, die Bürgschaftsbanken von der Beitragspflicht auszunehmen, wenn die Länder eine Patronatserklärung für diese Banken abgeben und dies EU-beihilferechtlich zulässig sei.
Zu TOP 8a)
Elftes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes
BR-Drs. 683/19
Zu TOP 8b)
Zwölftes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes
BR-Drs. 684/10
Zu TOP 8c)
Gesetz zur Errichtung eines (EKFG) Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“
BR-Drs. 686/10
Zu TOP 8d)
Kernbrennstoffsteuergesetz (KernbrStG)
BR-Drs. 687/10
Wesentlicher Inhalt:
Bei den Gesetzen handelt es sich um Fraktionsentwürfe, die sich am Energiekonzept der Bundesregierung orientieren und dieses zügig auf den Weg bringen sollen. Bereits im Vorfeld wurde für das elfte und zwölfte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes diskutiert, ob entgegen der Feststellung der einbringenden Fraktionen und der Einschätzung der Bundesregierung eine Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundesrat vorliegt. Kernfrage ist, ob sich die Aufgaben der Länder qualitativ so stark verändern, dass von einer neuen Aufgabenstellung besprochen werden kann. Zu den Inhalten der Gesetze im Einzelnen:
TOP 8a)
Durch Änderung von § 7 Abs. 1a AtG i.V.m. Anlage 3 wird den Kernkraftwerken die Produktion einer zusätzlichen Strommenge von 1.804,278 TWh eingeräumt, was verteilt auf die 17 Kernkraftwerke einer Laufzeitverlängerung von durchschnittlich 12 Jahren entspricht. Außerdem geht die Freistellungsverpflichtung nach § 34 AtG im vollen Umfang auf den Bund über. Bisher lag sie teilweise bei dem Bundesland, in dem sich die Kernanlage befindet.
TOP 8b)
Das Gesetz dient im Wesentlichen der Umsetzung der Europäischen Richtlinie über nukleare Sicherheit (RL 2009/71/EURATOM). Dazu führt sie Pflichten für die Betreiber kerntechnischer Anlagen sowie die Pflicht für das BMU ein, alle 10 Jahre eine Evaluation des Gesetzes-, Vollzugs- und Organisationsrahmens durchzuführen. Ferner wird ein neuer § 7d eingeführt, mit dem den Betreibern von Kernanlagen aufgegeben wird, entsprechend dem fortschreitenden Stand von Wissenschaft und Technik über die Anforderungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG hinaus geeignete und angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu entwickeln.
Schließlich werden die Enteignungsvorschriften zum Zweck der Erkundung, der Errichtung und des Betriebs von Endlagern, die mit der AtG-Novelle von 2002 entfallen waren, wieder eingeführt.
TOP 8c)
Das von der Bundesregierung beschlossene Energiekonzept sieht auch die Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ vor, mit dem Maßnahmen für die Entwicklung innovativer Technologien bei der Energieerzeugung finanziert werden sollen. Grundlage der Finanzierung sind zunächst die Mehreinnahmen aus der Abschöpfung von Zusatzgewinnen aus der Laufzeitverlängerung. In den Fonds fließen darüber hinaus Einnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer, soweit deren Höhe 2,3 Mrd. € im Jahr übersteigen, und zwar jeweils bis zu 300 Mio. € in 2011 und 2012 und jeweils bis zu 200 Mio. € in den Jahren 2013 bis 2016. Ab 2013 stehen dem Fonds zudem die Einnahmen aus der Versteigerung der Treibhausgasemissionszertifikate zu Verfügung, soweit die Einnahmen jährlich 900 Mio. € übersteigen. Anstelle der Kernbrennstoffstoffsteuer zahlen die Kernkraftwerksbetreiber ab 2017 für jede durch die Laufzeitverlängerung eingespeiste Megawattstunde 9 € in den Fonds ein.
TOP 8d)
Die Haushaltskonsolidierung des Bundes erfordert die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen. Dazu soll eine neue Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen erhoben werden. Das Aufkommen soll ohne Zweckbindung dem allgemeinen Haushalt zur Verfügung stehen. Es soll aber auch die konkrete Belastung des Haushalts, die aus der notwendigen Sanierung der Asse II entsteht, verringern. Mit der Einführung einer Kernbrennstoffsteuer wird der Verbrauch von Kernbrennstoffen, die zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet werden, im Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12. 2016 besteuert. Die Steuer entsteht dadurch, dass ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt werden und eine sich selbst tragende Kettenreaktion ausgelöst wird. Die Steuer beträgt für ein Gramm Plutonium oder Uran 145 €. Damit sollen jährlichen Steuereinnahmen von rund 2,3 Mrd. € erzielt werden. Steuerschuldner ist der Betreiber eines Kernreaktors. Die Steuerbelastung ist bei der steuerlichen Gewinnermittlung abzugsfähig.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit des Elften und Zwölften Atomgesetzes wurde in den Ausschüssen kontrovers diskutiert. Niedersachsen hat in allen Ausschüssen die Zustimmungsbedürftigkeit verneint. Der Rechtsausschuss war der einzige Ausschuss, der sich mit knapper Mehrheit für eine Zustimmungsbedürftigkeit ausgesprochen hat.
TOP 8a)
Zum elften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes gab es mehrere Anträge zur Anrufung des Vermittlungsausschusses mit folgenden Inhalten:
- Aufhebung des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages
- Erhöhung der Sicherheit
- Verhinderung negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb im Energiesektor
- Vermeidung einer finanziellen Belastung der Bundesländer
- Verhinderung von Belastungen der Bundesländer durch etwaige Entschädigungszahlungen
- Verhinderung einer Laufzeitverlängerung für die Anlagen Krümmel, Brunsbüttel und Unterweser.
Für die Anrufung des Vermittlungsausschusses gab es in keinem Ausschuss eine Mehrheit, Niedersachsen hat sich in allen Ausschüssen gegen die Anrufung ausgesprochen.
TOP 8b)
Zum Zwölften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes gab es folgende Anträge zur Anrufung des Vermittlungsausschusses:
- Allgemeine Überarbeitung des Gesetzes
- Aufhebung der wieder eingeführten Enteignungsregelung bei Erkundungen von Endlagern.
Der Anrufungsgrund „Enteignungsregelung“ fand im Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung gegen die Stimme Niedersachsens eine knappe Mehrheit, Niedersachsen hat sich in allen Ausschüssen gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausgesprochen.
TOP 8c)
Für das Gesetz zur Errichtung eines (EKFG) Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ wurden folgende Anrufungsanträge gestellt:
- Aufhebung des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages
- Vermeidung einer finanziellen Belastung der Bundesländer
- Erweiterung der Bestimmung des Fonds auch auf Anpassung an den Klimawandel
- Bevorzugung von Projekten in Ländern mit Kernkraftwerken
- Einrichtung eines Bund-Länder-Beirats mit beratender Funktion.
Im Umweltausschuss kam eine Empfehlung nicht zustande. Niedersachsen hat die drei letzten Anrufungsgründe unterstützt, jedoch fand keiner der Anrufungsgründe eine Mehrheit. Die anderen Ausschüsse empfahlen mit der Stimme Niedersachsens, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
TOP 8d)
Beim Kernbrennstoffsteuergesetz lagen folgende Anrufungsanträge vor:
- Beteiligung der Länder an den Einnahmen des Bundes
- Ausgleich der Steuermindereinnahmen der Länder und Kommunen.
Niedersachsen hat sich im Finanzausschuss für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses aus den genannten Gründen ausgesprochen, im Umweltausschuss dagegen und hat sich im Wirtschaftsausschuss enthalten. Der Finanz- und der Umweltausschuss haben die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit gleicher Zielrichtung, aber mit etwas unterschiedlichen Formulierungen, empfohlen.
Behandlung im Plenum:
Beim Elften (TOP 8a) und Zwölften Gesetz (TOP 8b) zur Änderung des Atomgesetzes wurde mit den Stimmen Niedersachsens die Zustimmungsbedürftigkeit nicht festgestellt und der Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Zum Elften Gesetz wurde gegen die Stimmen Niedersachsens eine Entschließung nicht gefasst, mit der die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, alle Kosten für die staatliche Aufsicht nach § 19 des Atomgesetzes zu erheben. Beim Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (TOP 8c) wurde mit den Stimmen Niedersachsens der Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Beim Kernbrennstoffsteuergesetz (TOP 8d) wurde ebenfalls mit den Stimmen Niedersachsens der Vermittlungsausschuss nicht angerufen. Eine Entschließung der Länder Sachsen und Baden-Württemberg, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, bis zum 30.06.2012 eine Evaluierung der Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Gemeinden durchzuführen, wurde mit den Stimmen Niedersachsens gefasst.
Zu TOP 17
Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 661/10
Wesentlicher Inhalt:
Mit seinem Urteil vom 09. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, die Regelbedarfe der sogenannten Hartz IV-Leistungen und der Sozialhilfe verfassungskonform neu zu bemessen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Bundesregierung diese Vorgaben umsetzen. Einen besonderen Stellenwert hat das Gericht den Leistungen für Kinder und Jugendliche beigemessen. Deshalb sind deren Regelbedarfe künftig unmittelbar zu ermitteln und dabei nach Altersabschnitten zu differenzieren. Als neue Leistungsform möchte die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch einen Gutschein einführen. Dieser soll Kindern und Jugendlichen aus förderungsbedürftigen Haushalten ein gleichberechtigtes Maß der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und den gleichartigen Zugang zu Bildung im schulischen und außerschulischen Bereich ermöglichen. Die Neu-Ermittlung der Regelbedarfe für Langzeitarbeitslose - jetzt 364 Euro für alleinstehende Erwachsene - und Sozialhilfeempfänger erfolgte auf Basis statistischer Sonderauswertungen. Diese hat das Statistische Bundesamt auf der Grundlage einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe durchgeführt, die durch Anhörungen von Wissenschaftlern und Praktikern ergänzt wurden.
Nach Berechnungen der Bundesregierung führen die neu festgelegten Sätze im Bereich der Hartz IV-Leistungen zu Mehrkosten von insgesamt rund 290 Millionen Euro im Jahr 2011. In der Sozialhilfe ergeben sich zusätzliche Kosten von 79 Millionen Euro. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen schlagen mit schätzungsweise 625 Millionen Euro bei Hartz IV und ca. 10 Millionen Euro bei der Sozialhilfe zu Buche.
Behandlung in den Ausschüssen:
Während der Rechtsausschuss keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf geltend macht, sieht der Ausschuss für Frauen und Jugend von einer Empfehlung an das Plenum ab. Die übrigen beteiligten Ausschüsse haben dem Bundesrat empfohlen, mit einer Vielzahl von Änderungsvorschlägen zu den einzelnen Vorschriften des Gesetzentwurfs Stellung zu nehmen. So sah der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik zum Beispiel die vorgesehenen Änderungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung ausgesprochen kritisch. Die Regelung, nach der zukünftig die Kommunen die angemessenen Wohnkosten in ihrer Region durch Satzungen festlegen sollen, könnte zu sozialpolitisch unerwünschten Ergebnissen führen. Es sei zu befürchten, dass hierdurch die Standards in der Praxis sinken. Die "Satzungslösung" sei daher zu streichen. Gemeinsam mit Finanz- und Innenausschuss hat der Ausschuss auch festgestellt, dass zum Beispiel die geplanten Änderungen zu den Regelleistungen und zum Hinzuverdienst die Kosten der Kommunen erheblich erhöhen. Trotzdem sei im Gesetzentwurf kein Mechanismus zum Ausgleich dieser Kostenverschiebung vorgesehen. Die Ausschüsse fordern daher, eine außerordentliche Anpassung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung vorzunehmen. Der Kulturausschuss vertrat die Ansicht, dass der Anspruch von Kindern auf Bildungsteilhabe am wirkungsvollsten durch einen Ausbau der Bildungsinfrastruktur zu erfüllen sei. Er plädierte dafür, die Bundesregierung aufzufordern, die Länder finanziell in die Lage zu versetzen, ihre entsprechenden Angebote ausweiten zu können. Dies gelte insbesondere für die zentralen Bereiche Schulsozialarbeit und Mittagessen in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat beschlossen, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.
Zu TOP 21
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
BR-Drs. 646/10
Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf bezweckt eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Vollstreckungsbeamten, insbesondere von Polizeibeamten vor Angriffen und Gewalttaten. Die Strafobergrenze soll auf drei Jahre erhöht werden (§ 113 Abs. 1 StGB). Darüber hinaus soll zukünftig neben dem Mitführen einer Waffe auch das Mitführen eines „anderen gefährlichen Werkzeugs“ einen besonders schweren Fall des Widerstands erfüllen (§ 113 Abs. 2 Nummer 1 StGB). Hilfeleistende der Feuerwehr und des Rettungsdienstes sollen als Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen zukünftig in den Schutzbereich von § 113 StGB einbezogen werden (§ 114 Abs. 3 StGB). Außerdem möchte der Gesetzgeber eine Korrektur in § 244 StGB - Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchsdiebstahl - vornehmen und einen minder schweren Fall mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren neu regeln.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl mit Unterstützung Niedersachsens, den Vollstreckungsbeamten den Schutz der Strafnorm nicht nur bei der Ausführung einer konkreten Vollstreckungshandlung, sondern auch bei der normalen Diensttätigkeit - z.B. Streifentätigkeit - zugute kommen zu lassen. Außerdem regte er die Prüfung an, ob nicht auch Katastrophenschutzhelfer und Kräfte sonstiger Rettungsdienste den Vollstreckungsbeamten gleichgestellt werden sollten. Der federführende Rechtsausschuss und der Innenausschuss empfahlen mit Unterstützung Niedersachsens, dass der minderschwere Fall in § 244 Abs. 3 StGB sich nur auf Fälle des § 244 Abs. 1 StGB (Diebstahl mit Waffen) beziehen sollte.
Behandlung im Plenum:
Das Plenum hat Stellung genommen. Die Empfehlungen, die ausschließlich der Innenausschuss beschlossen hatte, wurden von Niedersachsen unterstützt. Ministerpräsident McAllister ergriff das Wort und begrüßte die in dem Gesetzentwurf vorgenommene Anhebung der Strafobergrenze von zwei auf drei Jahre. Dies sei konsequent im Hinblick auf den Anstieg schwerer Verletzungen bei Polizeibeamtinnen und -beamten seit 2005 um 60%. Er betonte, dass die Polizei aber nicht nur bei Vollstreckungshandlungen Gewaltrisiken ausgesetzt sei sondern ebenso im alltäglichen Dienst. Deshalb unterstütze Niedersachsen die Empfehlung des Innenausschusses, die Strafbarkeit auch auf die sonstige Dienstausübung zu erstrecken. Er bejahte den Gesetzentwurf auch insofern ausdrücklich, als dieser die Einbeziehung von Hilfeleistenden der Feuerwehr und der Rettungsdienste in den Schutzbereich der Strafnorm vorsieht. Es gebe Anzeichen dafür, so Ministerpräsident McAllister, dass sich die Gewaltbereitschaft vermehrt auch gegen diese Personen richte.
Zu TOP 28
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Besteuerung des Finanzsektors
BR-Drs. 657/10
Wesentlicher Inhalt:
Die EU-Kommission will die Aktivitäten der Mitgliedstaaten zur Besteuerung von Tätigkeiten des Finanzsektors koordinieren. Sie hält eine globale Finanztransaktionssteuer für am besten geeignet, genügend Einnahmen zu generieren und die Wirtschaft so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Auf EU-Ebene hält sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Finanzaktivitätssteuer für vielversprechender; bei dieser Lösung könnte der derzeitigen Befreiung des Finanzsektors von der Mehrwertsteuer Rechnung getragen werden. Die EU-Kommission will eine umfassende Folgenabschätzung einleiten, in der sie jede Option weiter prüft, um bis Sommer 2011 geeignete Maßnahmenvorschläge unterbreiten zu können.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl dem Bundesrat eine Stellungnahme, wonach der Finanzsektor einen angemessenen Beitrag zu den Staatshaushalten leisten müsse und das Ziel einer weltweiten Finanztransaktionssteuer dazu der richtige Weg sei. Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer dürften aber ausschließlich den Mitgliedstaaten zufallen. Eine Finanzaktivitätssteuer, die den Gewinn von Kreditinstituten belaste, stoße auf verfassungsrechtliche Bedenken. Die EU-Kommission soll bei ihren weiteren Überlegungen das Gesamtgefüge der Besteuerungssysteme und die rechtlichen Grenzen in den Mitgliedstaaten stärker berücksichtigen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat zu der Mitteilung der EU-Kommission gemäß einem niedersächsischen Plenarantrag Stellung genommen. Danach dürfen künftige Einnahmen aus einer solchen Finanztransaktionssteuer ausschließlich den Mitgliedstaaten zufallen, sollte die EU sie einführen oder sollte sie weltweit eingeführt werden. Die EU-Kommission soll bei ihren weiteren Überlegungen das Gesamtgefüge der Besteuerungssysteme und die rechtlichen Grenzen in den Mitgliedstaaten stärker berücksichtigen.
Zu TOP 41
Erste Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung
BR-Drs. 530/10
Wesentlicher Inhalt:
Seit 2003 wird die Trinkwasserverordnung unverändert angewandt bzw. durchgeführt. Sie stützt sich auf die Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 03. November 1998 (Trinkwasserrichtlinie). Durch die jetzt vorgeschlagene umfassende Novellierung werden zahlreiche Änderungen und Ergänzungen aus den für den Vollzug zuständigen Ländern, den Verbänden, dem Umweltbundesamt (UBA) und der Trinkwasserkommission (TWK) des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) umgesetzt. Hervorzuheben ist der neue Grenzwert für Uran, der vom Umweltbundesamt wissenschaftlich empfohlen wurde. Die Regelungen zu Legionellen einschließlich der Festlegung eines technischen Maßnahmewertes werden für Großanlagen zur Wassererwärmung (> 400 l) präzisiert. Technische Anlagen zur Wassergewinnung, zur Aufbereitung und zur Verteilung müssen zukünftig mindestens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen und damit einen höheren Standard als bisher erfüllen. Gleiches gilt für Warmwasserbereiter in z. B. Großküchen und Wasseraufbereiter z.B. im medizinischen Bereich - bei letzteren kommt es zusätzlich darauf an, einen Rückfluss in Trinkwasserleitungen durch eine Sicherungseinrichtung (Rückschlagventil) auszuschließen. Für Kleinanlagen zur Eigenversorgung, d.h. Hauswasserbrunnen und -pumpen werden dezidierte Regelungen zur Meldung und zum Gesundheitsschutz getroffen. Auch mobile Wasserversorgungsanlagen (z.B. auf Schiffen oder in Bussen) sind detaillierter in den Regelbereich der Trinkwasserverordnung einbezogen - hier werden weitere Verbesserungen vorgeschlagen. Die Anzeige und Meldepflichten werden optimiert, zum Teil eingeschränkt, wo technische Sicherheiten das zulassen (Entbürokratisierung). Vorrangiges Ziel ist, die menschliche Gesundheit noch besser als bisher vor nachteiligen Einflüssen zu schützen, die aus der Verunreinigung von Trinkwasser resultieren können. Damit wird die Trinkwasserqualität, die auch jetzt schon in Deutschland einen hohen Standard hat, weiter verbessert.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschüsse, vornehmlich der Gesundheitsausschuss, stimmten dem Entwurf grundsätzlich zu, empfahlen jedoch diverse konstruktive, das Grundanliegen unterstützende Änderungen. Hervorzuheben ist die Empfehlung, dass Großanlagen zur Trinkwassererwärmung, beispielsweise in Krankenhäusern, künftig dem Gesundheitsamt anzuzeigen sind, weil hier besondere gesundheitliche Anforderungen bezüglich Legionellen bestehen. Ferner das Verbot von Bleileitungen zur Trinkwasserversorgung, was dazu führen wird, dass entsprechende Leitungen auch in Altbauten zeitnah saniert werden müssen. Verwaltungsvereinfachung ohne Einschränkung der Sicherheit ergibt die Empfehlung des Ausschusses, dass Gesundheitsämter über Grenzwertabweichungen von kleineren Anlagen (10 bis 1000 m³/Tag) nicht mehr an den Bund berichten müssen - dies unterstreicht die Kompetenz der Gesundheitsämter. Auch die Reduktion der im Verordnungsentwurf verlangten mikrobiologischen Untersuchungen bei kleinen Wasserversorgungsanlagen ist aus Sicht des Verbraucherschutzes und infektionshygienisch tolerierbar und wird auf dem derzeitigen Stand belassen. Die Ausschüsse empfahlen auch, Bleileitungen als Trinkwasserleitungen zu verbieten. Die Forderung des Bundes, künftig Trinkwasser nach einem komplizierten, zeit- und kostenaufwändigen Verfahren auf zusätzliche und zum Teil neue Radioaktivitätsparameter zu untersuchen, hatten der Innen- und der Gesundheitsausschuss als nicht sachgerecht abgelehnt und dem Bundesrat die Streichung empfohlen. Der Vorschlag des Bundes basiert auf den Grundsätzen des Strahlenschutzes, die auf die Minimierung bzw. Vermeidung von künstlicher Radioaktivität abzielen. Diese Grundsätze sind allerdings nicht auf die hier in Rede stehende, in einigen Regionen Deutschlands in Spuren vorkommende, natürliche und geogen bedingte Radioaktivität im Trinkwasser übertragbar. Der Beitrag des Trinkwassers (0,009 bis 0,05 Millisievert/Jahr) zur natürlichen Radioaktivität, die jeder Mensch aus der Nahrung bzw. der natürlichen äußeren Strahlenbelastung (2,1 Millisievert/Jahr) aufnimmt, liegt im ungünstigsten Fall bei ca. 2,5 %. Er ist damit so gering, dass die vom Bund vorgesehenen, äußerst aufwändigen und sowohl die öffentlichen als auch die privaten Verbraucherhaushalte belastenden Untersuchungs- und Analysemethoden aus Sicht des vorsorgenden Gesundheits- und des Verbraucherschutzes nicht gerechtfertigt sind.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat beschloss eine Stellungnahme, die den Empfehlungen der Ausschüsse entsprach. Lediglich das Verbot von Bleileitungen fand keine Mehrheit.
Position Niedersachsens:
Niedersachsen unterstützt die einzelnen Empfehlungen. Eine niedersächsische Empfehlung (Ziff. 29) wird allerdings auf Vorschlag der Bundesregierung nicht mehr aufrecht erhalten, weil die hierin geforderten aussagekräftigeren Probennahmeverfahren für Blei, Kupfer und Nickel noch besser mit den Grundsätzen des Verbraucherschutzes abgestimmt werden müssen. An einer Verbesserung dieser Methoden wird Niedersachsen gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit arbeiten, sodass sie durch eine dann folgende Änderung eingearbeitet werden können.
Zu TOP 46
Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung
BR-Drs. 699/10
Wesentlicher Inhalt:
Bei winterlichen Straßenverhältnissen ist sicheres Fahren nur gewährleistet, wenn Winterreifen verwendet werden. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt bislang vor, dass die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen an die Wetterverhältnisse anzupassen ist, insbesondere durch eine geeignete Bereifung. Das wurde von der Rechtsprechung so ausgelegt, dass auf schnee- oder eisglatter Fahrbahn nur mit Winterreifen gefahren werden darf. Wer gegen diese Pflicht verstieß, handelte ordnungswidrig und musste ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro zahlen, bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer 40 Euro. Das OLG Oldenburg hat die sogenannte Winterreifenpflicht im Juli 2010 für verfassungswidrig erklärt, weil sie zu unbestimmt sei. Der Autofahrer könne einen Verstoß gegen die StVO nicht erkennen, weil dort keine konkrete Bereifung für jeweils genau bezeichnete Wetterverhältnisse benannt sei, deshalb dürfe ihm auch kein Bußgeld auferlegt werden. In der Änderungsverordnung sind die Wetterverhältnisse, bei denen Winterreifen zu verwenden sind, nunmehr genau beschrieben. Der Fahrer kann erkennen, dass ein Bußgeld droht, wenn er bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nicht mit geeigneten Reifen fährt. Welche Reifen das sind, soll der Autofahrer dem Anhang II Nr. 2.2 der Richtlinie 92/23/EWG entnehmen. Dort werden die Reifen benannt, die für winterliche Wetterverhältnisse, vor allem bei Matsch und frischem und schmelzendem Schnee, besonders geeignet sind. Das sind M+S- oder Ganzjahresreifen, die mit einem M+S-Symbol gekennzeichnet sind. Eine Definition von „Winterreifen“ enthält die Verordnung nicht, die Bundesregierung will dazu eine Verständigung auf europäischer Ebene abwarten. Um die Fahrer stärker dazu anzuhalten, ihre Fahrzeuge rechtzeitig mit Winterreifen auszurüsten, wird das Bußgeld von 20 Euro auf 40 Euro angehoben. Bei Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer werden 80 Euro fällig. Verstöße gegen die Winterreifenpflicht ziehen künftig auch den Eintrag eines Punktes im Verkehrszentralregister nach sich.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl, der Verordnung mit Maßgaben zuzustimmen. Für Omnibusse mit mehr als sechs Sitzplätzen und LKW über 3,5 Tonnen soll es ausreichen, wenn die Winterreifen auf die Antriebsachsen montiert werden. Für land- und forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge soll die Winterreifenpflicht nicht gelten, sie seien ohnehin mit grobstolligen Reifen oder Ganzjahresreifen ausgerüstet. Einsatzfahrzeuge der Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und der Polizei, für die bauartbedingt keine M+S-Reifen erhältlich sind, sollen ohne Winterreifen fahren dürfen, wenn das zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung geboten ist.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat der Verordnung mit den empfohlenen Maßgaben zugestimmt. Er hat die Bundesregierung entsprechend einem Plenarantrag von Thüringen und Hessen gleichzeitig gebeten, rechtzeitig vor der Wintersaison 2011/2012 einen neuen Regelungsentwurf vorzulegen, in dem insbesondere auch einheitliche Kriterien für geeignete Reifenarten festzulegen sind. Vor dem Hintergrund der geforderten Überarbeitung hat der Bundesrat verschiedenen Plenaranträgen, die Senkungen bzw. Differenzierungen des Bußgeldes zum Ziel hatten, nicht zugestimmt.
Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
In den Ministergärten 10
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Tel: 030/72629-1700
Fax: 030/72629-1702