876. Sitzung des Bundesrats am 05.11.2010
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung
TOP 2
Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie
BR-Drs. 656/10
TOP 14
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Strafbarkeit der Werbung für Suizidbeihilfe (… StRÄndG)
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 149/10
TOP 15
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung - Neuordnung der Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 615/10
TOP 18a
Entschließung des Bundesrates zur Kompensation eines Wegfalls des Zivildienstes durch Stärkung der Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ
- Antrag des Landes Bayern -
BR-Drs. 567/10
in Verbindung mit
TOP 18b
Entschließung des Bundesrates für einen einheitlichen „Freiwilligen sozialen Dienst“
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 576/10
TOP 20
Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 635/10
TOP 23
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz)
BR-Drs. 584/10
TOP 24
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes
BR-Drs. 535/10
Zu TOP 2
Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten
Kapitaladäquanzrichtlinie
BR-Drs. 656/10
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetz sollen drei EU-Richtlinien zur Verbesserung der Stabilität und zum Abbau von Risiken auf den Finanzmärkten umgesetzt werden. Durch ein verbessertes Risikomanagement und eine gezielte Erhöhung der Kapitalanforderungen sollen Finanzinstitute krisenfester gemacht werden. Im Mittelpunkt stehen hierbei die Regelungen zu Verbriefungstransaktionen. Der Emittent einer verbrieften Forderung wird ab 2011 verpflichtet, mindestens 5 Prozent der Transaktionssumme als Selbstbehalt in seiner Bilanz zurückzubehalten und in dieser Höhe mit Eigenkapital zu unterlegen, während der Investor verpflichtet wird, den Inhalt der Verbriefung umfassend zu prüfen. Damit soll sichergestellt werden, dass die mit einer Verbriefung verbundenen Risiken von den Parteien angemessen eingeschätzt werden. Für Verbriefungen nach dem 31. Dezember 2012 sieht das Gesetz eine Anhebung des Selbstbehalts auf mindestens 10 Prozent vor. Die maßgebliche EU-Richtlinie schreibt dagegen einen Selbstbehalt nur von mindestens 5 Prozent vor. Der Bundesrat hatte in seiner 874. Sitzung am 24. September 2010 beschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Begehren beruhte auf einem Plenarantrag von Hessen und Niedersachsen. Grund für die Anrufung war die im Gesetz vorgesehene Anhebung des Selbstbehalts bei Verbriefungstransaktionen auf 10 Prozent, was eine Verschärfung gegenüber der europäischen Richtlinienvorgabe bedeutet.
Behandlung im Vermittlungsausschuss:
Der Vermittlungsausschuss empfahl in seinem Einigungsvorschlag eine Verlängerung der Geltungsdauer des fünfprozentigen Selbstbehalts für Verbriefungstransaktionen um zwei weitere Jahre bis zum 31. Dezember 2014. Die Bundesregierung gab im Vermittlungsausschuss eine Protokollerklärung ab, die nicht Bestandteil der Gesetzesänderung ist. Darin erklärt sie ihre Absicht, einen Selbstbehalt von 10 Prozent bei Verbriefungen auf EU-Ebene zu verankern. Sollte dies nicht bis 18 Monate vor Ablauf der verlängerten Übergangsfrist gelingen, soll eine Evaluierung der Marktsituation für Verbriefungen durch das BMF mit Unterstützung der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung durchgeführt werden, deren Ergebnis dem Bundestag und dem Bundesrat mitzuteilen ist. Unter Würdigung des Ergebnisses einer Bewertung der volkswirtschaftlichen Gesamtumstände und nach Anhörung des Deutschen Bundestages will die Bundesregierung dann entscheiden, ob eine gesetzliche Änderung zur Höhe des Selbstbehalts erfolgen soll.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat dem Gesetz, dass der Deutsche Bundestag nach Maßgabe der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses am 28. November 2010 angenommen hat, mit den Stimmen Niedersachsens zugestimmt. Ein Plenarantrag der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen zur Einlegung eines Einspruchs gegen das geänderte Gesetz, fand keine Mehrheit.
Zu TOP 14
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Strafbarkeit der Werbung für Suizidbeihilfe (… StRÄndG)
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 149/10
Wesentlicher Inhalt:
Rheinland-Pfalz beabsichtigt mit dem Gesetzentwurf Werbung für Suizidbeihilfe mit Mitteln des Strafrechts zu unterbinden. Eine neue Strafnorm (§ 217 Strafgesetzbuch) soll Werbemaßnahmen erfassen, die in abstoßender Weise oder zu dem Zweck erfolgen, den Suizid zum Gegenstand kommerziellen Gewinnstrebens zu machen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss und der Innenausschuss empfahlen, den Gesetzentwurf auf Antrag Baden-Württembergs in geänderter Fassung einzubringen: Danach macht sich strafbar, wer ein Gewerbe betreibt oder eine Vereinigung gründet, um anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu verschaffen und dafür öffentlich wirbt. Führungspersonal solcher Suizidbeihilfeorganisationen sollen sich zudem gesondert strafbar machen können.
Behandlung im Plenum:
Der Tagesordnungspunkt wurde auf Antrag von Rheinland-Pfalz abgesetzt und an die Ausschüsse zur erneuten Beratung zurück überwiesen.
Zu TOP 15
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung - Neuordnung der Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 615/10
Wesentlicher Inhalt:
Die Anordnung der Entnahme einer Blutprobe steht nach derzeitiger Rechtslage grundsätzlich dem Richter zu (§ 81a StPO). Die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen dürfen die Maßnahme nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung selbst anordnen. Mit dem Gesetzentwurf soll der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen eine eigene gleichrangige Anordnungskompetenz für die Entnahme von Blutproben bei Verkehrsdelikten zum Zwecke des Nachweises von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Medikamenten im Blut eingeräumt werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss und der Innenausschuss haben empfohlen, den Gesetzentwurf mit unwesentlichen Änderungen einzubringen.
Behandlung im Plenum:
Das Plenum hat den Gesetzentwurf nach Maßgabe mit den Stimmen Niedersachsens in den Bundestag eingebracht.
Zu TOP 18a
Entschließung des Bundesrates zur Kompensation eines Wegfalls des Zivildienstes durch Stärkung der Jugendfreiwilligendienste FSJ und FÖJ
- Antrag des Landes Bayern -
BR-Drs. 567/10
in Verbindung mit
Zu TOP 18b
Entschließung des Bundesrates für einen einheitlichen „Freiwilligen sozialen Dienst“
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 576/10
Wesentlicher Inhalt:
Mit den vorgelegten Entschließungsanträgen soll der Dialog der Länder mit der Bundesregierung zur Neuordnung der Freiwilligendienste eine Grundlage erhalten. Inhalt ist vor allem die Forderung, eine gleichwertige finanzielle Ausgestaltung für die Freiwilligendienste zu erreichen, die vorhandenen Strukturen sinnvoll zu nutzen und weiter auszugestalten und die Träger der Jugendfreiwilligendienste an der Neugestaltung angemessen zu beteiligen. Das geplante Aussetzen der Wehrpflicht zieht einen Wegfall des Zivildienstes nach sich. Damit entfallen auch wertvolle Hilfsdienste junger Männer in sozialen Einrichtungen - Maßnahmen zur Kompensation sind angezeigt. Mit der vom BMFSFJ vorgeschlagenen Einführung eines „Freiwilligen Zivildienstes“ (FZD) sind nicht nur neue Rahmenbedingungen verbunden, sondern auch parallele Strukturen zu den bestehenden Jugendfreiwilligendiensten. Hintergrund der Einführung eines „Freiwilligen Zivildienstes“ ist wesentlich die Vorhaltung von Strukturen, um bei einer Wieder-Aktivierung des Wehrdienstes den Zivildienst ad hoc einsetzen zu können. Darüber hinaus sollen weiterhin möglichst viele junge Menschen die positiven Prägungen sozialen Engagements erfahren können.
Behandlung in den Ausschüssen:
Mehrheitsfähig mit knappen Mehrheiten war nur der Änderungsantrag Baden-Württembergs im Gesundheitsausschuss, im Umweltausschuss und im Innenausschuss. Im federführenden Ausschuss für Frauen und Jugend und im Ausschuss für Arbeit und Soziales kam mit einem Votum von 8:8:0 keine Empfehlung zustande. Niedersachsen hat im Innenausschuss eine Protokollerklärung abgegeben und gegen die Entschließung, auch in geänderter Fassung gestimmt, da Minister Schünemann wegen der Abschaffung des Wehrdienstes und der Umgestaltung des Zivildienstes noch in Vorschlagserörterungen mit dem Bund steht. Sonst hatte Niedersachsen in allen Ausschüssen für die Version Baden-Württembergs, hilfsweise den Antrag Bayerns ein zustimmendes und für den Antrag Rheinland-Pfalz ein ablehnendes Votum.
Behandlung im Plenum:
Die mit einem Plenarantrag aus Baden-Württemberg nochmals modifizierte Ausschussempfehlung erhielt mit den Stimmen Niedersachsens eine Mehrheit, die Entschließung in so geänderter Form wurde mit den Stimmen Niedersachsens gefasst.
Zu TOP 20
Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
BR-Drs. 635/10
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Entwurf des vorliegenden Siebten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch soll die Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft im SGB II nach § 46 Abs. 5 SGB II für das Jahr 2011 geregelt werden. Der Entwurf des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, mit dem die Höhe der Bundesbeteiligung für das Jahr 2010 geregelt werden soll, befindet sich derzeit im Vermittlungsverfahren. Ziel des Vermittlungsverfahrens ist es, die derzeitige Regelung zur Berechnung der Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung anhand der Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften für 2010 zu verändern. Aus niedersächsischer Sicht sollte eine feste Quote im SGB II normiert werden, die zwischen den bisherigen Extremwerten von 31,8 % (2007) und 26 % (2009) liegt. Dabei erscheint eine Anknüpfung an den ursprünglichen Wert für 2005 und 2006 in Höhe von 29,1 % sinnvoll. Das Vermittlungsverfahren ist bislang ergebnislos verlaufen, die nächste Sitzung wird am 10. November stattfinden. Mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf wird erneut die in § 46 Abs. 7 SGB II normierte Anpassungsformel für 2011 umgesetzt, da sich die jahresdurchschnittliche Zahl der Bedarfsgemeinschaften um mehr als 0,5 % geändert hat. Ab Inkrafttreten der beabsichtigten Regelung ergäbe sich eine Erhöhung der Bundesbeteiligung auf bundesdurchschnittlich 25,1 % (2009: 29,1 %; für 2010 vorgesehen: 23,6 %). Die Sonderquote für Baden-Württemberg soll 28,5 % betragen, die für Rheinland-Pfalz 34,5, sodass die Quote für die übrigen Bundesländer tatsächlich bei nur 24,5 % läge. Die geringe Erhöhung der Bundesbeteiligung vermag an der bisherigen Kritik der Länder an der Ermittlung der Bundesbeteiligung nichts zu ändern.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Finanzen sowie der Innenausschuss haben auf Antrag Nordrhein-Westfalens eine Stellungnahme empfohlen. Nordrhein-Westfalen schlägt eine Neuausrichtung der Anpassungsformel dahingehend vor, dass diese sich vorrangig an den tatsächlichen Unterkunftskosten orientieren soll. Niedersachsen schlägt eine feste Quote vor, die noch errechnet/ausgehandelt werden muss. Daher hat Niedersachsen sich im Ausschuss zu dem Antrag Nordrhein-Westfalens enthalten. Letztlich wollen sowohl Nordrhein-Westfalen als auch Niedersachsen die Kommunen bei der Finanzierung der KdU im SGB II entlasten. Beide Länder sehen die (2005) gesetzlich festgelegte Entlastung der Kommunen um 2,5 Mrd. EUR bislang als nicht erfüllt an.
Behandlung im Plenum:
Das Plenum hat die Stellungnahme der Ausschüsse im Rahmen der „Grünen Liste“ (verbundene Beratungsgegenstände ohne Aussprache und Einzelabstimmung) beschlossen.
Zu TOP 23
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz)
BR-Drs. 584/10
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem GE sollen Maßnahmen umgesetzt werden, um drohenden Vertrauensverlusten der Markteilnehmer als Folge der Finanzmarktkrise in die Leistungsfähigkeit der Finanzmärkte entgegenzuwirken. Privatanlegern sollen verbesserte Informationsmöglichkeiten und ein faires, kundenorientiertes Finanzdienstleistungsangebot garantiert werden. Professionellen Markteilnehmern und der Aufsicht sollen zudem ein zutreffendes Bild über das Marktgeschehen verschafft werden. Hierzu sind vor allem folgende Regelungen vorgesehen:
- Verstöße gegen eine anlagengerechte Beratung und gegen die Offenlegung von Provisionen sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) soll bei Verstößen Bußgelder verhängen können. Zudem kann Instituten der Einsatz einzelner Berater bei Verstößen gegen anlegerschützende Vorschriften zeitweise untersagt werden.
- Anlageberater und Vertriebsverantwortliche sollen künftig in einer Datenbank bei der BaFin registriert werden.
- Eingehende Beschwerden im Rahmen der Anlageberatung sind der BaFin anzuzeigen.
- Zur Verbesserung der Anlageberatung werden Anforderungen an die Qualifikation und die Zuverlässigkeit von Anlageberatern konkretisiert.
- Anleger sollen zukünftig über jedes empfohlene Finanzinstrument ein kurzes und leicht verständliches Produktinformationsblatt zur Verfügung gestellt bekommen.
- Für bisher nicht erfasste Transaktionen werden zur Verbesserung der Transparenz neue Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten eingeführt. Durch die Erweiterung von wertpapierhandelsrechtlichen Meldepflichten soll der Aufbau größerer Stimmrechtsanteile (sog. Anschleichen) vermieden werden.
- Die Einführung von Mindesthaltefristen bei Anteilen an offenen Immobilienfonds sollen eine bessere Liquiditätssteuerung ermöglichen und Kleinanleger vor den Folgen eines plötzlichen Rückzugs großer Investoren schützen. Kleinanleger sollen aber Anteile im Wert von bis zu 5.000 € pro Monat ohne Abschläge zurückgeben können.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf eine Stellungnahme abzugeben. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahl dagegen, keine Einwendungen zu erheben.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf beschlossen.
Zu TOP 24
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes
BR-Drs. 535/10
Wesentlicher Inhalt:
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen in das Bundesdatenschutzgesetz umfassende Regelungen für den Beschäftigtendatenschutz eingefügt werden. Zukünftig sollen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur solche Daten verarbeitet werden dürfen, die für das Arbeitsverhältnis erforderlich sind. Datenverarbeitungen, die sich beispielsweise auf außerdienstliches Verhalten oder auf nicht dienstrelevante Gesundheitszustände beziehen, sollen ausgeschlossen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen an ihrem Arbeitsplatz auch wirksamer vor Bespitzelungen geschützt werden. Gleichzeitig werden den Arbeitgebern verlässliche Grundlagen für die Durchsetzung von Compliance-Anforderungen und den Kampf gegen Korruption an die Hand gegeben. Dazu soll u. a. die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten vor und nach Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie die Datenerhebung im Beschäftigungsverhältnis beschränkt werden. Für besonders sensible Daten sowie für das Fragerecht zu Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, politischen Parteien und Gewerkschaften sind Beschränkungen vorgesehen. Das gilt auch für Fälle, in denen der Arbeitgeber ärztliche und sonstige Untersuchungen verlangt sowie für die Datenerhebung des Arbeitgebers aus allgemein zugänglichen Quellen, z.B. aus dem Internet. Einschränkungen sind auch für die offene Videoüberwachung von nicht öffentlich zugänglichen Betriebsstätten, den Einsatz von Ortungssystemen und biometrischen Verfahren und die Nutzung von Telekommunikationsdiensten am Arbeitsplatz vorgesehen. Gegenstand des Gesetzentwurfs sind darüber hinaus Vorschriften über die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung zum Zwecke der Leistungs- und Verhaltenskontrolle, der Korruptionsbekämpfung sowie der Überprüfung, ob die im Beschäftigungsverhältnis zu beachtenden Regeln eingehalten werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die an den Beratungen beteiligten Ausschüsse empfahlen dem Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme mit insgesamt 48 Änderungsbegehren. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik kritisierten die teilweise nur schwer verständlichen Datenschutzvorschriften. Zahlreiche Verweise auf andere Vorschriften würden die Lesbarkeit vor allem für juristische Laien erschweren. Darüber hinaus verlangte der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik ein gesondertes Beschäftigtendatenschutzgesetz anstelle der Ergänzung des Beschäftigtendatenschutzes im Bundesdatenschutzgesetz. Weitere Ausschussempfehlungen zielten darauf ab, Unklarheiten im Gesetzentwurf zu beseitigen, eventuelle Regelungslücken zu schließen und den Entwurf praxisgerechter zu gestalten. So empfahlen der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss, zusätzlich eine Regelung zum Datenschutz bei der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten im Bereich der Arbeitnehmervertretung zu treffen. Mit der vorgeschlagenen Änderung werde eine Regelung für die in der Rechtsprechung bisher nicht geklärte Frage der Überwachung des Umgangs mit Beschäftigtendaten seitens des Betriebs- bzw. Personalrates getroffen. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Gesundheitsausschuss empfahlen die Aufnahme einer Vorschrift über arbeitsmedizinische Präventionsmaßnahmen. Diese diene der Abgrenzung und Verdeutlichung zweier unterschiedlicher Arten von ärztlichen Untersuchungen im Betrieb. Eignungsuntersuchungen seien nicht mit arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen gleichzusetzen. Der Rechtsausschuss empfahl, die dauerhafte Videoüberwachung von Arbeitsplätzen grundsätzlich zu verbieten. Die Videoüberwachung von Arbeitsplätzen stelle einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten dar. Insoweit soll klargestellt werden, dass in Fällen der dauerhaften Überwachung das Interesse des Beschäftigten regelmäßig überwiegt. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahl klarzustellen, dass auch in Tarifverträgen sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen von den Regelungen des geänderten Beschäftigtendatenschutzes nicht zu Ungunsten des Beschäftigten abgewichen werden dürfe. Damit seien insbesondere die Regelungen zur Datenerhebung und -verarbeitung vor Begründung des Beschäftigungsverhältnisses zwingendes Gesetzesrecht.
Behandlung im Plenum:
Im Plenum des Bundesrates haben von den 48 Änderungsempfehlungen der Ausschüsse 39 eine Mehrheit erhalten. Ein Antrag des Landes Berlin, dem Arbeitgeber bei Anbahnung von Beschäftigungsverhältnissen zu untersagen, nach der „Innehabung eines staatlichen Ehrenamtes“ zu fragen, fand im Bundesrat keine Mehrheit. Zur Begründung des Antrags verwies Berlin auf die Erfahrung, dass Arbeitgeber die mit der Ausübung eines Ehrenamtes verbundenen Fehlzeiten des Beschäftigten am Arbeitsplatz nicht hinnehmen wollten und deshalb die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses scheitern ließen.
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Herr Rüdiger Jacobs
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