857. Sitzung des Bundesrates am 3. April 2009
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 2
Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale
BR-Drs. 243/09
TOP 3
Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes
(Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStErgG)
BR-Drs. 244/09
TOP 7
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes
- Antrag der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt-
BR-Drs. 45/09
TOP 13
Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung)
BR-Drs. 168/09
TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften
BR-Drs. 171/09
TOP 18
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes
BR-Drs. 173/09
TOP 24
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz)
BR-Drs. 178/09
TOP 56
Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz -
MilBoG)
BR-Drs. 270/09
TOP 57a)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 91, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 262/09
in Verbindung mit
TOP 57b)
Entwurf eines Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 263/09
in Verbindung mit
TOP 57c)
Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung der Beschlüsse der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Abstufung nicht mehr fernverkehrsrelevanter Bundesfernstraßen
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 264/09
Zu TOP 2
Gesetz zur Fortführung der Gesetzeslage 2006 bei der Entfernungspauschale
BR-Drs. 243/09
Wesentlicher Inhalt:
Ziel des Gesetzes ist es, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Dezember 2008 zur Entfernungspauschale umzusetzen und den Bürgerinnen und Bürgern ab 2007 Rechtssicherheit hinsichtlich der Wiedereinführung der Entfernungspauschale zu geben. Die bis zum 31. Dezember 2006 geltende Entfernungspauschale wird rückwirkend zum 1. Januar 2007 wieder eingeführt. Dies bedeutet:
- Gewährung einer verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale von 0,30 Euro ab dem 1. Entfernungskilometer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte;
- anstatt der Pauschale können die im Einzelfall höheren tatsächlich anfallenden Kosten bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel geltend gemacht werden;
- gesonderter Abzug von Unfallkosten auf der Fahrt zur Arbeit;
- Abzug der Pauschale als "echte" Werbungskosten, nicht "wie" Werbungskosten.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss und der Verkehrsausschuss empfahlen, dem Gesetz zuzustimmen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens dem Gesetz zugestimmt.
Zu TOP 3
Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes
(Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz - FMStErgG)
BR-Drs. 244/09
Wesentlicher Inhalt:
Das aus mehreren Artikelgesetzen bestehende Gesetz sieht Änderungen des im Oktober vergangenen Jahres verabschiedeten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vor. Neben einer Reihe von Anpassungen und Erleichterungen der Regelungen im Gesellschafts- und Übernahmerecht ist im Rettungsgesetz (Artikel 3) die bis zum 30. Juni 2009 befristete Möglichkeit einer Enteignung von Anteilen an Finanzunternehmen vorgesehen. Eine Enteignung gegen angemessene Entschädigung ist nur zulässig, wenn sie für die Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich ist und andere zumutbare Lösungen nicht mehr zur Verfügung stehen ("Ultima ratio"). In das Gesetz sind folgende weitere Änderungen aufgenommen worden:
- Die Laufzeit staatlicher Garantien für abzusichernde Verbindlichkeiten und Kredite einer Bank darf nur in begründeten Ausnahmefällen 36 Monate überschreiten und maximal 60 Monate betragen. Eine Überschreitung der 36 Monate ist zudem nur für ein Drittel der einem Unternehmen gewährten Garantien zulässig.
- Eine Enteignung soll nur dann möglich sein, wenn zuvor eine Hauptversammlung stattgefunden hat und dort die für eine Kapitalmaßnahme erforderliche Mehrheit nicht erreicht wurde.
- Der Schwellenwert gehaltener Anteile, nach der die Hauptversammlung gemäß dem Aktiengesetz die Übertragung von Aktien auf den Hauptaktionär beschließen kann, wurde von 95 % auf 90% abgesenkt.
- Unternehmen, deren Anteile enteignet wurden, sind unverzüglich wieder zu privatisieren, sobald diese nachhaltig stabilisiert worden sind. Die nachhaltige Stabilisierung ist auf Kosten des Unternehmens regelmäßig zu evaluieren.
- Der Finanz- und Haushaltsschuss des Deutsachen Bundestages ist vor Erlass einer Rechtsverordnung zur Enteignung über deren Inhalt zu informieren.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Rechts- und Wirtschaftsausschuss empfahlen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Dagegen empfahl der federführende Finanzausschuss die Anrufung des Vermittlungsausschusses. In den Anrufungsgründen geht es im Kern darum, dass die Nichtanwendung steuerlicher Verlustabzugsbeschränkungen nach dem Finanzmarkstabilisierungsgesetz bei Änderungen der Beteiligungsverhältnisse durch Stabilisierungsmaßnahmen des Bundes im Sinne einer Gleichbehandlung auch bei Stabilisierungsmaßnahmen der Länder für Landesbanken gelten soll.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
Die Bundesregierung hat eine Erklärung zu Protokoll gegeben. Darin wird zugesichert, eine zeitlich befristete gesetzliche Ausnahmeregelung von den steuerlichen Verlustabzugsbeschränkungen bei Stabilisierungsmaßnahmen der Länder, die mit Maßnahmen des Stabilisierungsfonds vergleichbar sind, im Bürgerentlastungsgesetz zu veranlassen.
Minister Dr. Rösler hat im Plenum das Wort ergriffen. In seiner Rede hat er darauf hingewiesen, dass die in Artikel 3 des Rettungsgesetzes vorgesehene Möglichkeit der Enteignung der falsche Weg sei, um dass nötige Vertrauen in den Finanzmarkt und in die soziale Marktwirtschaft zurückzugewinnen. Die Bundesregierung sollte davon absehen, von dem Instrumentarium der Enteignung Gebrauch zu machen.
Zu TOP 7
Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Bundeswaldgesetzes
- Antrag der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt-
BR-Drs. 45/09
Wesentlicher Inhalt:
Die Forstwirtschaftlichen Vereinigungen (Zusammenschlüsse der Forstbetriebsgemeinschaften) haben nach bisherigem Bundeswaldgesetz einen eingeschränkten Aufgabenbereich (Unterrichtung und Beratung der Mitglieder, Beteiligung der Mitglieder an forstwirtschaftlichen Rahmenplanungen, Koordinierung des Holzabsatzes, marktgerechte Lagerung und Aufbereitung des Holzes, Beschaffung und Einsatz von Maschinen). Dieser Aufgabenbereich soll durch die niedersächsische Gesetzesinitiative geöffnet werden. Er würde dann dem Aufgabenspektrum der Forstbetriebsgemeinschaften entsprechen und könnte auch darüber hinaus gehen.
Behandlung im Agrarausschuss:
Der Agrarausschuss empfahl dem Bundesrat die Einbringung des Gesetzentwurfes mit einer erweiternden Stellungnahme. So sollen schnellwachsende Baumarten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in Zukunft nicht der Definition des Waldes im Sinne des Bundeswalgesetzes unterworfen werden. Diese Maßgabe ist notwendig, weil das Anpflanzen von Baumarten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen bisher die Gefahr birgt, dass diese Fläche als Wald zu definieren ist und eine Rückumwandlung in landwirtschaftliche Nutzfläche nicht möglich ist. Weiter sollen Waldbesitzer nicht für sog. waldtypische Gefahren/Schäden haften, denn die Berechtigung der Allgemeinheit, den Wald jederzeit und überall betreten zu dürfen, birgt naturgemäß Gefahren, denen sich jeder selbst aussetzt und für die der Waldbesitzer nicht einstehen soll. Laut Empfehlungsdrucksache soll die generelle Öffnung des Aufgabenkatalogs für forstwirtschaftliche Vereinigungen, also das eigentliche Anliegen der niedersächsischen Gesetzesinitiative, gestrichen werden und nur für die Erweiterung der Vermarktungstätigkeiten gelten.
Schließlich wurde eine Entschließung empfohlen, die sich gegen den Begriff "standortheimisch" als Bedingung für anzupflanzende Baumarten richtet. Dieser würde erhebliche Fragen über die dann zu verwendenden Baumarten aufwerfen und hätte zwangsläufig ein engeres Spektrum der anzupflanzenden Baumarten als bisher zur Folge und wäre nicht zuletzt auch ein Vermarktungshindernis für niedersächsische Baumschulen. Stattdessen schlug der Ausschuss den Begriff "standortgerecht" vor.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Einbringung mit Maßgaben beschlossen. Die Entschließung wurde mit den Stimmen Niedersachsens gefasst. Der Plenarantrag Niedersachsens auf Fristverkürzung wurde beschlossen.
Herr Minister Busemann hat eine Rede zu Protokoll gegeben.
Zu TOP 13
Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung)
BR-Drs. 168/09
Wesentlicher Inhalt:
Der zustimmungspflichtige Gesetzentwurf soll das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008 umsetzen, wonach sich das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums auch auf Beiträge zu privaten Versicherungen für den Krankheits- und Pflegefall erstreckt, soweit diese existenznotwendig sind. Nach geltendem Recht sind die Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung nur sehr eingeschränkt vom steuerlichen Einkommen als Sonderausgaben abziehbar. Als Lösung sieht das Gesetz vor, geleistete Beiträge zu privaten und gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen, die dem sozialhilferechtlichen Leistungsniveau entsprechen, ab 1. Januar 2010 in vollem Umfang als Sonderausgaben steuerlich zu berücksichtigen. Abzugfähig sollen darüber hinaus auch entsprechende Beiträge des Steuerpflichtigen für den Ehegatten, die Kinder und den Lebenspartner i. S. des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) sein. Dagegen soll der bisher (eingeschränkt) zulässige Abzug von Berufsunfähigkeits-, Arbeitslosen-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie Risikolebensversicherungen entfallen. In den Jahren 2010 bis 2019 findet zur Vermeidung einer Schlechterstellung ein Vergleich zwischen alter und neuer Rechtslage im Rahmen einer sog. "Günstigerprüfung" statt. Der jeweils ermittelte höhere Betrag wird dann als Sonderausgabe angesetzt.
Der Gesetzentwurf sieht eine elektronische Datenübermittlung über die Höhe geleisteter Versicherungsbeiträge von den Versicherungsunternehmen an die Finanzbehörden vor. Hierfür ist die die Einwilligung des Steuerpflichtigen erforderlich, die Bedingung für den steuerlichen Abzug ist. Der Gesetzentwurf soll zu einer steuerlichen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 9,33 Mrd. Euro führen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschüsse empfahlen mehrere Änderungen des Gesetzes. Eine Reihe von Änderungen betrifft allerdings den Regelungsgehalt anderer Gesetze. Im Wesentlichen sind folgende Änderungen beabsichtigt:
- Verbesserungen und Erleichterungen bei der Datenübermittlung von Beitragszahlungen
- Streichung der Abzugsfähigkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für den Lebenspartner im Sinne des LPartG
- Streichung der zweijährigen Antragsfrist für die Arbeitnehmer-Sparzulage und Angleichung ab 2007 an die Frist zur Beantragung der korrespondierenden Einkommensteuerveranlagung (die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre)
- Wiedereinführung des Sonderausgabenabzugs für private Steuerberatungskosten
Erhöhung der Freigrenze für die Anwendung der Zinsschranke von 1 Mio. auf drei Mio. Euro für den Zeitraum 2008 bis 2010.
- Zeitlich befristete Ausnahme (von 2008 bis 2010) vom Verlustverrechnungsverbot nach dem Körperschaftssteuergesetz für (alle) Körperschaften bei Änderungen der Beteiligungsverhältnisse, ausschließlich für Zwecke der Sanierung von Unternehmen (sog. Sanierungsklausel)
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens zum Gesetzentwurf Stellung genommen.
Zu TOP 16
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften
BR-Drs. 171/09
Wesentlicher Inhalt:
Der Gesetzentwurf übernimmt Regelungen europäischer Verordnungen und ändert Regelungen aufgrund praktischer Erfahrungen mit dem bisherigen Arzneimittelgesetz (AMG). Weitere Änderungen betreffen z. B. das Transplantationsgesetz, das Betäubungsmittelgesetz, die Verordnung über homöopathische Arzneimittel, das Transfusionsgesetz, das SGB V, das Infektionsschutzgesetz, die Arzneimittelpreisverordnung.
Zum AMG: bei der Erteilung einer Herstellungserlaubnis für Arzneimittel steht jetzt die "sachkundige Person" in der Verantwortung, nicht mehr die "Leiter der Herstellung" oder der "Leiter der Qualitätskontrolle". Die Bestimmungen über die erforderliche Sachkenntnis für die sachkundige Person werden präzisiert. Die Herstellung von Arzneimitteln durch Ärzte soll grundsätzlich der Überwachung und Anzeigepflicht unterliegen. Ein Prüflabor, das Prüfungen von Arzneimitteln auf Freigabe durchführt, muss auch eine Herstellungserlaubnis haben. Pharmazeutischen Unternehmen, die den Großhandel beliefern und Großhandelsunternehmen, die Apotheken beliefern, wird eine Bereitstellungsverpflichtung auferlegt, um so eine bedarfsgerechte und kontinuierliche Belieferung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten. Bislang oblag nur den Apotheken ein gesetzlicher Versorgungsauftrag. Regelungen zum Pharmakovigilanzsystem, zu klinischen Prüfungen und insbesondere zu den Aufgaben der Ethikkommission werden getroffen. Ergänzende Regelungen zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen werden auf die Wirkstoffe ausgedehnt. Bei Tierarzneimitteln kann die zulassende Behörde Unterlagen zur Umweltverträglichkeit verlangen.
Im SGB V werden Regelungen hinsichtlich flexiblerer Krankengeldwahltarife sowie zur Sicherstellung der sozialpsychiatrischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen eingeführt. Darüber hinaus werden Regelungen zu onkologischen Rezepturen getroffen, um Einkaufsvorteile von Apotheken den Kostenträgern zukommen zu lassen
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschüsse empfahlen unter anderem, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu unterbinden und die diesbezüglichen Strafvorschriften anzupassen. Zum evtl. Versorgungsnotstand wurden Änderungen zugunsten der Einfuhr und der Verwendung nicht zugelassener Arzneimittel in Zivil- und Katastrophenschutzfällen und diesbezügliche Versorgungsaufträge an Pharmaunternehmen vorgeschlagen. Die Ethikkommission soll über aktuelle/neue Erkenntnisse, die sich aus der Anwendung bestimmter Verfahren und Medikamente ergeben, besser und schneller informiert werden. Durch eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung soll eine wirksame Kostentransparenz bei Arzneimitteln für die Onkologie aus der Herstellung in Apotheken hergestellt werden. Das SGB V soll dahingehend geändert werden, dass die vorgesehenen Krankengeldwahltarife nicht eingeräumt werden, wenn Selbständige oder versicherungspflichtige Arbeitnehmer gesetzliches Krankengeld erhalten. Und die Ost-West-Angleichung für die vertragszahnärztlichen Vergütungen soll angehoben werden. Im AMG werden Sicherheitsanforderungen für den Bereich der Tierarzneimittel und ein Prüfauftrag an die Bundesregierung zugunsten der Anwendung von Tierarzneimitteln bei Tierversuchen vorgeschlagen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat eine umfangreiche Stellungnahme beschlossen.
Insgesamt 7 Plenaranträge zielten auf die 100 %ige Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei kinderlosen Ehepaaren, auf eine Erleichterung für sog. Herstellungszentren, die Arzneimittel im Auftrag von Apotheken herstellen, auf eine vorübergehende Änderung der vertragsärztlichen Vergütung und - als Korrektur der umstrittenen Empfehlung des Gesundheitsausschusses zum Verbot des Versandhandels die Bundesregierung aufzufordern, die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen erneut zu überprüfen.
Zu TOP 18
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sprengstoffgesetzes
BR-Drs. 173/09
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetzentwurf werden im Wesentlichen die Bestimmungen der EU-Richtlinie über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände und der Richtlinie zur Einführung eines Verfahrens zur Kennzeichnung und Rückverfolgung von Explosivstoffen für zivile Zwecke in deutsches Recht umgesetzt. Daneben werden Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Berechtigten im Waffen- und Sprengstoffrecht angeglichen, um deren Überprüfung im Rahmen der straf- und verfahrensrechtlichen Registerabfragen zu erleichtern und sicherzustellen, dass Personen mit waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnissen nicht nach unterschiedlichen Kriterien auf ihre Zuverlässigkeit geprüft werden.
Ferner enthält der Gesetzentwurf Anpassungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt. Die Dienstleistungsrichtlinie eröffnet die Möglichkeit, dass Dienstleister das Verwaltungsverfahren über eine einheitliche Stelle abwickeln können.
Parallel zur Änderung des Sprengstoffstoffgesetzes soll auch das Waffenrecht an die EU-Vorgaben angepasst werden. Schließlich ist mit der Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes beabsichtigt, dem Bundesamt für Güterverkehr die Möglichkeit zu geben, Gefahrguttransporte auch hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Unterlagen und nicht nur auf die Einhaltung verkehrsrechtlicher Bestimmungen zu überprüfen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik fordern u.a., im Interesse einer bundeseinheitlichen sprengstoffrechtlichen und waffenrechtlichen Verwaltungspraxis die nach EU-Recht als dienstleistungsrelevant einzustufenden Verwaltungsverfahren explizit im Fachrecht zu nennen. Ferner sollten bei Erprobungen von Effekten mit pyrotechnischen Gegenständen unbestimmter Kategorien sowie explosionsgefährlichen Stoffen an Film und Fernsehproduktions-Aufnahmeorten neben der für den Brandschutz zuständigen Stelle auch die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständige Stelle einbezogen werden.
Der Innenausschuss empfahl dem Bundesrat ferner, die Bundesregierung aufzufordern, mögliche Änderungen des Waffenrechts unter Berücksichtigung der nach dem Amoklauf in Winnenden am 11. März 2009 auszuwertenden Erfahrungen unter Einbeziehung der Innenminister und -senatoren der Länder zu prüfen. Eine kritische Überprüfung sei insbesondere im Hinblick auf die bisher zahlenmäßig nicht beschränkte Verfügbarkeit von Schusswaffen und Munition, deren Aufbewahrung in privaten Wohnungen und Häusern sowie eine wirksamere Kontrolle der Einhaltung der waffenrechtlichen Bestimmungen erforderlich.
Konkret zu ändern empfahl der Innenausschuss die Voraussetzungen für den Erwerb von Waffen durch Sportschützen. Bisher erlaubt das Waffengesetz Sportschützen den Erwerb von bestimmten Schusswaffen unabhängig vom Bedürfnisprinzip. Künftig soll der Schusswaffenerwerb beschränkt sein auf solche Schusswaffen, die die Sportschützen zur Ausübung ihres organisierten Schießsports erforderlich sind.
Eine solche klarstellende Regelung erscheint nach Auffassung des Innenausschusses notwendig, um das Anhäufen von Schusswaffen zu verhindern.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens Stellung genommen.
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens einem Plenarantrag des Landes Hamburg zugestimmt. Darin wird die Bundesregierung gebeten, noch vor dem 31. Dezember 2014 ein computergestütztes nationales Waffenregister einzuführen. Ein derartiges Register sei die wichtigste Voraussetzung für die genaue Kenntnis der Anzahl legaler Waffenbesitzer und Schusswaffen in Deutschland.
Zu TOP 24
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Verletzten und Zeugen im Strafverfahren (2. Opferrechtsreformgesetz)
BR-Drs. 178/09
Wesentlicher Inhalt:
Die im Strafverfahren bestehenden Rechte der Opfer und Zeugen von Straftaten sollen erweitert, die bereits bestehenden Rechte besser durchsetzbar werden.
Die Voraussetzungen der Nebenklage sollen an der Schutzbedürftigkeit des Opfers ausgerichtet und die Informationspflichten gegenüber Verletzten verbessert werden. Für Kinder und jugendliche Opfer soll das Strafverfahren schonender gestaltbar sein. Deshalb soll die Schutzaltersgrenze in verschiedenen Vorschriften von derzeit 16 auf 18 Jahre angehoben werden. Zudem soll der Persönlichkeitsschutz von Zeugen, die im Strafverfahren aussagen müssen, gestärkt werden, indem das Recht, in bestimmten Fällen die Wohnadresse nicht angeben zu müssen, erweitert werden soll.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahlen, zu dem Gesetzentwurf gem. Artikel 76 Abs. 2 GG Stellung zu nehmen. Beide Ausschüsse treten für die Einführung einer Erscheinens- und Aussagepflicht der Zeugen bereits vor der Polizei ein. Außerdem sollten die Beleidigungsdelikte aus dem Katalog der Straftaten, die zur Nebenklage berechtigen, herausgenommen werden. Dies solle auch für die einfache Körperverletzung gelten. Der Innenausschuss hat vorgeschlagen, darüber hinaus auch die gefährliche Körperverletzung aus dem Katalog heraus zu nehmen. Die Körperverletzungsdelikte sollten aber dann zum Anschluss als Nebenkläger berechtigen, wenn die Tat zu schweren Folgen geführt hat. Außerdem haben beide Ausschüsse dafür plädiert, dass der Katalog der sonstigen, zur Nebenklage berechtigenden Delikte abschließend ausgestaltet werden solle.
Eine weitere kritische Empfehlung des Rechtsausschusses betrifft den Katalog der Delikte, die die Bestellung eines kostenlosen Opferanwalts ermöglichen sowie den Verzicht der Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Zeugen in der Anklageschrift.
Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfahl, gegen den Gesetzentwurf gem. Art. 76 Abs. 2 GG keine Einwendungen zu erheben.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen.
Minister Busemann hat im Plenum das Wort ergriffen und die Forderungen, die im Rechtsausschuss beschlossen worden waren, nachdrücklich unterstützt.
Zu TOP 56
Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz -
MilBoG)
BR-Drs. 270/09
Wesentlicher Inhalt:
Das deutsche Handelsbilanzrecht wird durchgreifend verbessert. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch Kapitalgesellschaften werden von vermeidbarem Bilanzierungsaufwand entlastet. Insgesamt ist aufgrund der vorgesehenen Maßnahmen zur Deregulierung jährlich mit einer Senkung der Gesamtkosten bei der Bilanzierung von ungefähr 1,3 Mrd. Euro zu rechnen.
Gleichzeitig werden die Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) zu einer gleichwertigen, aber kostengünstigeren und einfacheren Alternative zu den internationalen Regelungen (IFRS) entwickelt. Das deutsche Vorsichtsprinzip wird weiterhin gelten.
Mit dem Gesetz werden aber auch Konsequenzen aus der weltweiten Finanzmarktkrise gezogen. So müssen Unternehmen künftig schon dann in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn das Mutterunternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Chancen und Risiken trägt. Der Spielraum zur Auslagerung von Risiken in so genannte Zweckgesellschaften wird damit deutlich eingeschränkt. Darüber hinaus wird erstmals gesetzlich verankert, dass Kreditinstitute ihren Handelsbestand nach dem Zeitwert zu bemessen haben und Aufsichtsorgane zur Überwachung des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems verpflichtet sind.
Der größte Teil der Reform soll erstmals für die im Kalenderjahr 2010 beginnenden Geschäftsjahre gelten. Die begünstigenden Regelungen für den Mittelstand sollen bereits für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden können.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss, der Finanz- sowie der Wirtschaftsausschuss empfahlen einstimmig Zustimmung zum Gesetz.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens dem Gesetz zugestimmt.
Zu TOP 57a)
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
(Artikel 91, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 262/09
in Verbindung mit
Zu TOP 57b)
Entwurf eines Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 263/09
in Verbindung mit
Zu TOP 57c)
Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung der Beschlüsse der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Abstufung nicht mehr fernverkehrsrelevanter Bundesfernstraßen
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen -
BR-Drs. 264/09
Wesentlicher Inhalt:
Am 5. März hat die gemeinsame Kommission von Bund und Ländern zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ihre zweijährige Arbeit mit der Vorlage von Vorschlägen abgeschlossen. Das Reformpaket wird in den vorliegenden Gesetzentwürfen als Bundesratsinitiative sowie mit den parallel im Deutschen Bundestag durch die Koalitionsfraktionen eingebrachten Gesetzentwürfen umgesetzt.
Haushalte von Bund und Ländern sollen grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden. Der Bund erhält dabei einen Spielraum von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Vorgabe des ausgeglichenen Haushalts soll vom Bund ab dem Jahr 2016 und von den Ländern ab dem Jahr 2020 eingehalten werden.
Als Hilfe zur Einhaltung der Schuldenregeln sollen Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 jährlich 800 Mio. Euro erhalten. Die Finanzierung soll je zur Hälfte von Bund und Ländern erfolgen (letztere aus ihrem Umsatzsteueranteil).
In Ausnahmefällen (wie von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen) soll der Bund den Ländern Finanzhilfen für Vorhaben auch dann gewähren können, wenn er für sie keine Gesetzgebungsbefugnisse hat.
Ein neu zu gründender Stabilitätsrat soll die Haushaltsführung von Bund und Ländern überwachen, um Haushaltskrisen rechtzeitig zu erkennen.
Die Verwaltungszusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich der Informationstechnik soll sicherer, effektiver und kostengünstiger werden. Auch sollen Leistungsvergleiche der Verwaltungen durch freiwilliges Zusammenwirken von Bund und Ländern durchgeführt werden können. Weitere Regelungen betreffen unter anderem die Einrichtung eines Zentrums für Krebsregisterdaten sowie Maßnahmen zur Effizienzsteigerung bei der Steuerverwaltung.
Die Entschließung hat das Ziel einer zeitnahen, einvernehmlichen Lösung von Bund und Ländern hinsichtlich solcher Bundesstraßen, die der Bund aufgrund des Wegfalls ihrer überregionalen Bedeutung nicht mehr als Bundesstraßen im Wege der Auftragsverwaltung in seiner Baulast tragen will. Zum einen gebe es Länder, die ein Interesse an der Übernahme solcher Straßen in eigene Trägerschaft hätten, zum anderen müssten Abstufungs- und Kompensationsmodalitäten einvernehmlich festgelegt werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschussberatungen finden voraussichtlich in der 18. Kalenderwoche statt.
Behandlung im Plenum:
Beide Gesetzentwürfe sowie der Entschließungsantrag wurden im Plenum vorgestellt und an die Ausschüsse unter Federführung des Finanzausschusses überwiesen.
Ministerpräsident Wulff hat im Plenum das Wort ergriffen. Er begrüßte die Änderungen des Grundgesetzes aufgrund der Föderalismusreform. Nach seiner Auffassung sei es gegenwärtig aber verfrüht, das Ergebnis der Föderalismuskommission zu bewerten. Es sei ein gutes Signal, trotz der Krise zu sparen. Nur eine solide Haushaltpolitik gebe die Möglichkeit, angemessen auf die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zu reagieren. Er bedauerte allerdings, dass auf die Vorschläge hinsichtlich einer Reduzierung der Zahl der Bundesländer durch Zusammenschlüsse in den Verhandlungen nicht weiter eingegangen worden sei.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.02.2010