843. Sitzung des Bundesrates am 25. April 2008
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 3
Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung
(Pflege-Weiterentwicklungsgesetz)
BR-Drs. 210/08
TOP 19
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung
(Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG)
BR-Drs. 113/08
TOP 20
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch -
Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen
BR-Drs. 167/08
TOP 26
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens
BR-Drs. 173/08
TOP 37
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das
Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Hin zu einem gemeinsamen Umweltinformationssystem (SEIS)
BR-Drs. 112/08
TOP 44
Verordnung zur Änderung der EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungs-verordnung, der Geflügelpest-Verordnung und der Viehverkehrsverordnung
BR-Drs. 179/08
TOP 56
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 252/08
TOP 57
Entschließung des Bundesrates zur Absicherung eines europarechtskonformen Entgeltschutzes bei öffentlichen Auftragsvergaben
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 254/08
TOP 60
Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern
(Beamtenstatusgesetz - BeamtStG)
BR-Drs. 273/08
ungsausschuss -
Zu TOP 3
Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung
(Pflege-Weiterentwicklungsgesetz)
BR-Drs. 210/08
Wesentlicher Inhalt:
Die Pflegeversicherung ist seit ihrer Einführung vor 13 Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben. Sie wird jetzt an die aktuellen Erfordernisse angepasst und inhaltlich weiterentwickelt. So sollen die Leistungen noch besser auf den Alltag der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen ausgerichtet und der Grundsatz "ambulant vor stationär" weiter gestärkt werden.
Hervorzuheben sind:
die Anhebung der Leistungsbeträge, vor allem im Bereich der häuslichen Pflege,
- die Schaffung von Pflegestützpunkten (zuständig hierfür sind nunmehr die Länder),
auch Demenzkranke sollen Leistungen erhalten,
Angehörige von Pflegebedürftigen erhalten einen sechsmonatigen Anspruch auf unbezahlte, aber sozialversicherte Freistellung von der Arbeit und kurzzeitige unbezahlte Freistellung von bis zu zehn Tagen, um die Pflege eines Angehörigen zu organisieren.
Die Ziele und die Inhalte des Gesetzentwurfs waren im Wesentlichen zu begrüßen. Es durfte aber nicht übersehen werden, dass der Gesetzentwurf hinter den Erwartungen vieler Länder zurückblieb. So war es folgerichtig, dass die Bundesratsausschüsse im 1. Durchgang eine Reihe von Veränderungen anmahnten, die sich auf folgende Punkte bezogen:
die Erforderlichkeit des Einstiegs in die Kapitaldeckung,
die Kritik an der übermäßig zentralistischen Ausrichtung,
die Ablehnung der Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf nichtärztliche Berufsgruppen.
Schließlich soll der Beitragssatz um 0,25 Prozentpunkte angehoben werden (von bisher 1,7 auf 1,95 Prozent (für Kinderlose von 1,95 auf 2,2 Prozent). Das soll zu jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro führen
Die Reform wird zum 1. Juli 2008 in Kraft treten.
Behandlung in den Ausschüssen:
Im 1. Durchgang im November 2007 empfahlen der federführende Gesundheitsausschuss, der Ausschuss für Familie und Senioren, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Kulturfragen, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme. Damals wurden allein im Gesundheitsausschuss etwa 80 Änderungsanträge beraten. Das zentrale Thema war die Organisation von Pflegestützpunkten und der Pflegeberatung. Hier sollte nach Auffassung der Länder die Beratung, Koordinierung der Hilfen und Koordinierung der regionalen Versorgung zwischen den Pflegekassen, den Trägern der Sozialhilfe und den Kommunen gemeinsam gestaltet werden. Hinsichtlich der Pflegestützpunkte gab es einen gemeinsamen A/B-Antrag, der unter Federführung BW und RP erarbeitet wurde. Ziel des Antrages war es, bereits vorhandene Strukturen in den Aufbau der Pflegestützpunkte einzubringen. Weitere Empfehlungen betrafen landesrechtliche Regelungen und regionale Versorgungsstrukturen und zwei Anträge der Länder NI, BW, BY, HH und TH aus einer Politischen Sondersitzung zur Kapitaldeckung (Aufbau eines Kapitalstocks) und zum Abbau des Zentralismus in der Gesundheitspolitik, die damals eine Mehrheit fanden.
Im 2. Durchgang waren nur noch die Ausschüsse Gesundheit und Finanzen beteiligt, die jeweils einstimmig "kein VA" empfahlen.
Ausschlaggebend dafür war, dass der Bundestag im Zuge seiner Beratungen der Forderung des Bundesrates nachgekommen ist, und das Gesetz dahingehend geändert hat, dass die Pflegestützpunkte nunmehr auf Initiative eines Landes eingerichtet werden können. Vorgesehen ist eine Anschlussfinanzierung von 45 000 Euro pro Stützpunkt.
Behandlung im Plenum:
Im 1. Durchgang hatte der Bundesrat zumeist mit den Stimmen Niedersachsens zu dem Gesetz umfassend Stellung genommen.
Im jetzigen 2. Durchgang beschloss der Bundesrat, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen und fasste mit den Stimmen aller CDU/(FDP)-geführten Länder eine Entschließung, die von den Ländern Niedersachen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen eingebracht wurde. Mit der Entschließung bestärkt der Bundesrat erneut seine Forderung nach Bildung eines Kapitalstocks zugunsten der Finanzierung zukünftiger Pflegeleistungen.
Zu TOP 19
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung
(Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG)
BR-Drs. 113/08
Wesentlicher Inhalt:
Hauptziele des nicht zustimmungsbedürftigen Gesetzentwurfs sind die Anpassung der Organisationsstrukturen der gesetzlichen Unfallversicherung an die veränderten Wirtschaftsstrukturen, die Lösung der Altlastenproblematik und die Modernisierung der Verwaltungsstrukturen.
Wirtschaftlichkeit und Effektivität sollen im Bereich der Organisation durch insbesondere folgende Maßnahmen gesteigert werden:
- Die Selbstverwaltung wird beauftragt, durch Fusionen in eigener Verantwortung die Zahl der Unfallversicherungsträger deutlich zu reduzieren und damit nachhaltig leistungsfähige Träger zu schaffen.
- Durch Fusionen sollen Unterschiede in den Beiträgen der gewerblichen Berufsgenossenschaften deutlich reduziert werden.
- Die Verteilung der Altlasten wird auf der Basis eines von der Selbstverwaltung entwickelten Konzepts neu gestaltet. Unter Beibehaltung der primären branchenbezogenen Verantwortlichkeit soll eine gerechte Lastenverteilung erreicht werden.
- Das Vermögensrecht wird neu gestaltet. Betriebsmittel und Rücklagen werden künftig stärker limitiert. Im Rahmen des Verwaltungsvermögens sind Altersrückstellungen zu bilden.
- Die Insolvenzgeldumlage wird zukünftig zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag erhoben. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen gewerblichen und öffentlichen Unfallversicherungsträgern wird dauerhaft und rechtlich klar geregelt.
- Alle am Arbeitsschutz Beteiligten (Bund, Länder, Unfallversicherungsträger) sollen sich strategisch neu ausrichten. Sie werden zur Entwicklung gemeinsamer Arbeitsschutzziele und Handlungsfelder im Rahmen einer Nationalen Arbeitsschutzstrategie verpflichtet.
- Der versicherte Personenkreis wird um Personen erweitert, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.
Der Agrar- und der Finanzausschuss sowie der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung empfahlen dem Bundesrat, keine Einwendungen zu erheben.
Behandlung im Plenum:
Mit den Stimmen Niedersachsens hat der Bundesrat Stellung genommen. So bedauert er, dass mit dem Gesetzentwurf die entwickelten Eckpunkte zu einer Reform des Leistungsrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht weiter verfolgt werden. Das Ziel, das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung auch in materieller Hinsicht zu modernisieren, könne damit nicht zeitnah erreicht werden. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum die Regelungen zum Berufskrankenrecht nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen worden seien.
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, bei der Modernisierung der Organisationsstrukturen der gesetzlichen Unfallversicherung die Rechte der Selbstverwaltung zu achten und zu wahren. Zustimmend nehme er daher zur Kenntnis, dass die Entscheidung der Selbstverwaltung, die Spitzenorganisation in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins auszugestalten, berücksichtigt sei. Abzulehnen sei die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Ausweitung der vom Arbeitgeber bei Anmeldung und Jahresmeldung zu übermittelnden Daten. Dies führe zu einer deutlichen Erhöhung des Verwaltungsaufwands.
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen, dass im Bereich der geplanten Arbeitsschutzstrategie bürokratische Belastungen von Unternehmen durch den Dualismus aus Gewerbeaufsicht und Unfallverhütungsvorschriften vermieden werden. Zudem müsse die bisherige vollständige Freistellung von Kleinunternehmen erhalten bleiben. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie arbeitsteilig von den Unfallversicherungsträgern und den staatlichen Arbeitsschutzbehörden wahrgenommenen Überwachungsaufgaben zu einheitlichen Rechtsfolgen führen müssen. Er bittet darum, Vorschriften über Ordnungswidrigkeiten aufeinander abzustimmen.
Weitere zentrale Punkte der Stellungnahme befassen sich mit Maßnahmen zur besseren Bekämpfung von Schwarzarbeit, der Durchführung des Lastenausgleichs und zum Übergang der Prüfung von den Trägern der Unfallversicherung auf die Träger der Rentenversicherung.
Zu TOP 20
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch -
Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen
BR-Drs. 167/08
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetzentwurf werden wesentliche Elemente des Konzepts "Jugend – Ausbildung und Arbeit" umgesetzt. Dieses Konzept ist im Rahmen der Qualifikationsinitiative der Bundesregierung beschlossen worden. Ziel ist insbesondere die Schaffung von 100.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bis zum Jahr 2010 gerade für die jungen Menschen, die bisher weniger Chancen am Arbeitsmarkt hatten.
Der nicht zustimmungsbedürftige Gesetzentwurf will mit drei gezielten Maßnahmen den Übergang in eine berufliche Ausbildung und die Durchführung einer Berufsausbildung fördern:
Ausbildungsbonus
Durch Zahlung eines Ausbildungsbonus in Höhe von 4.000, 5.000 oder 6.000 Euro soll Arbeitgeber dazu veranlasst werden, zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für junge Menschen zu schaffen, die seit längerem einen Ausbildungsplatz suchen. Die Höhe des Ausbildungsbonus bestimmt sich nach der für das erste Ausbildungsjahr tariflich vereinbarten monatlichen Ausbildungsvergütung.
Berufseinstiegsbegleitung
Vorbild für die Berufseinstiegbegleitung sind die vielfältigen ehrenamtlichen Ausbildungspatenschaften von Verbänden, Vereinen, Kirchen etc. Im Rahmen einer modellhaften Erprobung sollen bei einem Träger fest beschäftigte Berufseinstiegsbegleiter Schülerinnen und Schüler an 1.000 Schulen deutschlandweit bei der Vorbereitung des Schulabschlusses, bei der Berufsorientierung und Berufswahl sowie beim Übergang in eine Berufsausbildung unterstützen.
Ausnahmsweise Förderung einer zweiten Berufsausbildung mit Berufsausbildungsbeihilfe
Die Förderung mit Berufsausbildungsbeihilfe soll für eine zweite Berufsausbildung im Rahmen einer Ermessensleistung ausnahmsweise ermöglicht werden, wenn die dauerhafte berufliche Eingliederung sonst nicht zu erreichen ist und durch die zweite Ausbildung voraussichtlich erreicht wird.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.
Behandlung im Plenum:
Teilweise mit den Stimmen Niedersachsens hat der Bundesrat Stellung genommen. Unter anderem fordert er eine engere Zielgruppenabgrenzung für den Ausbildungsbonus sowie eine klare Definition des Begriffs der "sozialen Benachteiligung", von dem eine Förderung abhängig sein kann.
Darüber hinaus sollen sogenannte Konkurslehrlinge einen Ausbildungsbonus erhalten, wenn dies im Einzelfall geboten ist. Fördermöglichkeiten sollen außerdem auch auf Ausbildungsangebote außerhalb des dualen Systems ausgeweitet werden. Anderenfalls wäre der Bereich der Altenpflege von der Qualifizierungsoffensive ausgeschlossen. Die mit dem Gesetz geplanten Bundesleistungen sollen nach der Stellungnahme des Bundesrates Vorrang vor Programmen der Länder zur Förderung benachteiligter Jugendlicher haben. Außerdem soll die Auswahl der 1.000 Modellschulen, bei denen die Berufseinstiegsbegleitung erprobt werden wird, im Einvernehmen mit den Kultusministerien der Länder geschehen.
Zu TOP 26
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens
BR-Drs. 173/08
Wesentlicher Inhalt:
Nach Auffassung der Europäischen Kommission verstößt das geltende Schornsteinfegergesetz gegen die Dienstleistungsfreiheit. Schornsteinfeger aus dem EU-Ausland dürfen bislang nicht auf deutschen Dächern kehren. Die Kommission hat außerdem beanstandet, dass nur ein Bezirksschornsteinfegermeister pro Bezirk und auch nur innerhalb dieses Bezirks tätig werden darf.
Zukünftig sollen Haus- und Wohnungseigentümer die Wahl haben, welchen handwerksrechtlich qualifizierten Schornsteinfeger, auch aus dem EU-Ausland, sie mit der Durchführung der vorgeschriebenen Überprüfungs-, Kehr- und Messarbeiten beauftragen. Diese Arbeiten sollen aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes weiterhin kontrolliert werden. Um das sicherzustellen, werden die Kehrbezirke beibehalten und über ein Ausschreibungsverfahren jeweils für sieben Jahre an einen Bezirksbevollmächtigten vergeben, dem sämtliche Kontrollaufgaben vorbehalten sind, dazu gehört die Durchführung einer Feuerstättenschau nunmehr alle dreieinhalb statt alle fünf Jahre. Das Nebentätigkeitsverbot wird aufgehoben, so dass der Schornsteinfeger künftig weitere Tätigkeiten wie z.B. die Energieberatung ausüben kann. Das Kehrmonopol der bestellten Bezirksschornsteinfegermeister bleibt demgegenüber bis zum 31.12.2012 erhalten, damit sich das Schornsteinfegerhandwerk für andere Tätigkeiten qualifizieren und auf einen Wettbewerb einstellen kann.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die beteiligten Ausschüsse empfahlen dem Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme. U.a. soll es nach ihrer Auffassung während der dreijährigen Übergangsfrist keine Parallelität von Monopol und Wettbewerb geben, deshalb soll für die Bezirksbevollmächtigten wie für die Bezirksschornsteinfegermeister das Monopol gelten.
Gleichzeitig soll die Dauer der Übergangsfrist überprüft werden, weil sie wettbewerbsverzerrend zu Lasten vor allem des Sanitär-, Heizungs- und Klimahandwerks wirken könnte.
Die Aufzählung der zu überprüfenden und zu reinigenden Anlagen soll präzisiert werden, um die den Schornsteinfegern vorbehaltenen Tätigkeiten einzugrenzen.
Der Vergabezeitraum für die Bestellung von Bezirksbevollmächtigten soll von sieben auf fünf Jahre verkürzt und die Feuerstättenschau wie bisher nur alle fünf Jahre zugelassen werden, die Verkürzung sei sachlich nicht gerechtfertigt und für den Bürger zu teuer.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens Stellung genommen. Die Plenaranträge des Landes Baden-Württemberg, mit denen eine weitgehende Überarbeitung des Gesetzentwurfs und die Beseitigung des für das Schornsteinfegerhandwerks statuierten Vorbehalts für Emissionsmessungen nach der 1. BImschV (der sog. Doppelmessungen) gefordert wurden, wurden mit großer Mehrheit - auch von Niedersachsen - abgelehnt.
Zu TOP 37
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das
Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Hin zu einem gemeinsamen Umweltinformationssystem (SEIS)
BR-Drs. 112/08
Wesentlicher Inhalt:
SEIS steht für Shared Environmental Information System. Ziel ist es, Qualität und Verfügbarkeit der für die Umweltpolitik erforderlichen Informationen zu verbessern und gleichzeitig den damit verbundenen Verwaltungsaufwand zu minimieren.
Informationen sollen künftig möglichst direkt an ihrer Quelle gehalten und bearbeitet werden. Dadurch werden gleiche Daten nicht mehr mehrfach abgelegt. Behörden sollen darauf zugreifen können, um ihre Berichtspflichten leichter erfüllen und die Wirksamkeit von umweltpolitischen Maßnahmen überprüfen zu können.
Dabei wird auf die bisherigen Bemühungen in Europa zur Schaffung integrierter Informationssysteme aufgebaut, z.B. das Wasserinformationssystem für Europa (WISE) und das Europäische Umweltinformations- und Umweltbeobachtungsnetz (EIONET). Bislang gibt es noch keine integrierte Plattform, die alle diese Initiativen zu einem gemeinsamen, allgemein zugänglichen System verknüpft.
Mehr als siebzig Umweltschutzvorschriften, die in der EU in Kraft sind, enthalten eine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, über bestimmte Aspekte der Umwelt in ihrem Hoheitsgebiet zu berichten. Auf diese Weise wird EU-weit auf verschiedenen Verwaltungsebenen eine große Zahl von Umweltdaten gesammelt. Gegenwärtig wird diese Fülle an Informationen weder zeitnah noch in einer Form, die Entscheidungsträger und Bürger ohne weiteres verstehen und anwenden können, bereitgestellt. Mit dem Gemeinsamen Umweltinformationssystem (SEIS) sollen umweltrelevante Daten und Informationen EU-weit in Umweltdatenbanken gespeichert, virtuell verknüpft und untereinander kompatibel gemacht werden. Das SEIS ist in seiner vorgeschlagenen Form ein dezentrales, aber integriertes, internetgestütztes Informationssystem.
Behandlung in den Ausschüssen:
Die Ausschüsse Umwelt und Wirtschaft haben mit großen Mehrheiten Stellungnahmen empfohlen. Den Ländern sollen keine zusätzlichen Berichtspflichten entstehen. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass bei sensiblen Daten auch weiterhin Vertraulichkeit gewährleistet werden muss.
In Niedersachsen wurden nach Inkrafttreten des niedersächsischen Umweltinformations-gesetzes bereits erhebliche Investitionen in technische Infrastruktur getätigt. Bei der Umsetzung von SEIS ist daher auf den Investitionsschutz zu achten, insbesondere darauf, dass SEIS nicht über das zur Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinausgeht. Es soll auf in den Mitgliedstaaten bestehenden Informationssystemen aufbauen und einen Gesamtrahmen bilden, der Synergien zwischen den einzelnen Systemen, die Teil der Umweltdateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft sind, nutzt.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, eine Stellungnahme abzugeben.
Zu TOP 44
Verordnung zur Änderung der EG-Blauzungenbekämpfung-Durchführungs-verordnung, der Geflügelpest-Verordnung und der Viehverkehrsverordnung
BR-Drs. 179/08
Wesentlicher Inhalt:
Die Blauzungenkrankheit (BT) tritt bei Rindern, Schafen und Ziegen auf. Besondere Bedeutung hat sie für Milchkühe: Fieber und Schleimhautentzündungen am Kopf, insbesondere des Maules können zu drastischen, wenn auch vorübergehenden Leistungseinbrüchen führen. Die Bundesregierung reagierte auf die stetige Ausbreitung von Westeuropa und beginnend in den südwestlichen Bundesländern mit mehreren Verordnungen bzw. Änderungsverordnungen, die hinsichtlich der Gebietskulisse jetzt das gesamte Bundesgebiet umfassen. Die hier vorliegende Änderungsverordnung passt die Vorgaben zur Impfung gegen BT an. Halter von Rindern, Schafen und Ziegen sollen verpflichtet werden, ihre Tiere mit einem BTV8-Impfstoff impfen zu lassen. Da aber noch kein zugelassener Impfstoff zur Verfügung steht, wird diese Verpflichtung von der Zulassung eines Impfstoffes oder einer Dringlichkeitsverordnung abhängig gemacht, die die Anwendung eines nicht zugelassenen Impfstoffes ermöglicht (Impfstoffe sind bereits entwickelt, nicht aber zugelassen).
Die Verordnung wirft ein zu beachtendes Problem auf, nämlich die vorgesehene Verpflichtung zur Impfung aller Rinder, auch der Mastrinder. Die Veterinärämter sollen Ausnahmen genehmigen können.
Die Geflügelpest-Verordnung soll dahingehend geändert werden, dass bestimmt Serotypen niedrigpathogener Viren nicht dem Impfverbot unterfallen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Im Agrarausschuss wollten NI und NW die im Entwurf vorgesehene Impfpflicht dahingehend umkehren, dass keine generelle Impfpflicht verordnet wird, aber freiwillig geimpft werden kann und dass der zuständigen Behörde die Möglichkeit gegeben wird, nach seuchenhygienischem Ermessen eine Impfanordnung auch für Mastrinder treffen zu können. Der Antrag erhielt im Agrarausschuss keine Mehrheit.
NI und NW wollen keine so umfassende Impfpflicht, denn die wirtschaftlichen Schäden treten in erster Linie bei Kühen und nicht bei Masttieren auf. Darüber hinaus kann bei Mastrindern auch deren Haltung - z.B. Stallhaltung - und deren Schlachttermin berücksichtigt werden. Außerdem muss für bestimmte Gebiete - z.B. in NW - davon ausgegangen werden, dass eine große Zahl von Rindern bereits eine belastungsfähige Immunität nach natürlicher BTVirus-Infektion haben - und die erübrigt eine Impfung.
Zwei Anträge BW bezogen sich auf die Geflügelpest-Verordnung (Präzisierung eines Virustyps, der bei Wildvögeln auftritt und Aufnahme der Lappentaucherartigen - z.B. Haubentaucher, Schwarzhalstaucher - unter die hier getroffene Definition der Wildvögel) und fanden große Mehrheiten.
Zur Impfpflicht brachte NI dann einen noch weitergehenden Antrag in den Fz-Ausschuss ein, der die Herausnahme der Impfpflicht für alle Rinder zum Ziel hatte. Die generelle Herausnahme der Rinder geschah aus Fz-Sicht zur Schonung des Landeshaushaltes, da das Land nach niedersächsischem Ausführungsgesetz zum Tierseuchengesetz verpflichtet ist, die Hälfte der Kosten zu tragen. Die Konsequenzen der möglichen Beschlüsse wurden für NI wie folgt eingeschätzt:
- keine Impfpflicht für Rinder jeglicher Nutzungsart 0 €
- obligatorische Impfung der Rinder ohne Mastrinder (PA NI/NW) ca. 6 Mio. €
- obligatorische Impfung aller Rinder ohne Ausnahme ca. 9 Mio. €
Der Antrag NI im Fz-Ausschuss erhielt eine Mehrheit und ging in die Empfehlungsdrucksache ein.
Behandlung im Plenum:
Niedersachen und Nordrhein-Westfalen brachten Ihren Antrag aus dem A-Ausschuss nochmals als Plenarantrag ein und erhielten keine Mehrheit. Ziffer 1 der Empfehlungsdrucksache (Antrag NI aus dem Fz) erhielt ebenfalls keine Mehrheit.
Der Bundesrat nahm Stellung entsprechend der Ziffern 2 und 3 (Anträge BW).
Zu TOP 56
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
- Antrag des Landes Niedersachsen -
BR-Drs. 252/08
Wesentlicher Inhalt:
Niedersachsens Vorschlag zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes soll die Möglichkeit schaffen, Täuschungsverhalten im Zusammenhang mit Einbürgerungsverfahren strafrechtlich zu ahnden.
Der Vorschlag lehnt sich an die Regelung im Aufenthaltsgesetz an. Dort werden unrichtige oder unvollständige Angaben oder darauf basierende Urkunden zum Zwecke der Beschaffung eines Aufenthaltstitels strafrechtlich verfolgt. Auch im Asylverfahren ist die Anleitung oder Unterstützung zu unvollständigen oder unrichtigen Angaben mit Strafe bedroht.
Es besteht ein Bedürfnis, auch im Einbürgerungsverfahren falsche Angaben unter Strafe zu stellen. Mit der Einbürgerung werden sämtliche den deutschen Staatsangehörigen zustehenden staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten verliehen oder bestätigt. Es wäre widersprüchlich, falsche Angaben zur Erlangung eines ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels oder einer Anerkennung im Asylverfahren unter Strafe zu stellen, nicht jedoch falsche Angaben zur Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit.
Die bisher im Strafgesetzbuch zur Verfügung stehenden Instrumentarien sind meist nicht geeignet bzw. reichen nicht aus, die in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren begangenen Täuschungshandlungen zu sanktionieren. Da die Einbürgerung "lediglich" Statusvorteile schafft, aber an sich keinen Vermögenswert darstellt, entstehen durch Täuschungshandlungen keine Schäden, die auf der Vermögensverfügung des Getäuschten beruhen. Somit können derartige Täuschungshandlungen nicht unter den Betrugstatbestand des Strafgesetzbuchs subsumiert werden.
Ein strafrechtlicher Schutz des Interesses des Staates, einen unredlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu verhindern, ist nach geltendem Recht weitestgehend nicht durchsetzbar. Gezieltes Fehlverhalten, das auf den unrechtmäßigen Erwerb der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen Vorteile abzielt, soll daher - neben der Rücknahme der durch die Täuschung erlangten Rechtsposition - zusätzlich mit Strafe bedroht werden.
Behandlung im Plenum:
Minister Schünemann hat diese Gesetzesinitiative Niedersachsens im Plenum vorgestellt. Anschließend wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen.
Zu TOP 57
Entschließung des Bundesrates zur Absicherung eines europarechtskonformen Entgeltschutzes bei öffentlichen Auftragsvergaben
- Antrag des Landes Rheinland-Pfalz -
BR-Drs. 254/08
Wesentlicher Inhalt:
Rheinland-Pfalz will die Bundesregierung zu einer Gesetzesinitiative veranlassen, wonach die Länder bei öffentlichen Auftragsvergaben Mindestentgeltstandards gewährleisten können, oder um bundesweit entsprechende Standards sicherzustellen. Dies soll durch die gesetzliche Regelung eines flächendeckend geltenden Mindestlohns möglich, wie er in 22 Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits gilt.
Es sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass private Auftragnehmer bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufträge soziale Standards einhalten. Das diene auch der Verhinderung von Wettbewerbsnachteilen für mittelständische Unternehmen. Die Länder, die bereits Tariftreuegesetze erlassen hätten oder vorbereiteten, sollten europarechtlich Sicherheit erhalten. Es bedürfe zumindest einer ergänzenden bundesrechtlichen Regelung, weil die Bestimmung von Mindestarbeitsbedingungen für öffentliche Arbeitgeber materielles Arbeitsrecht beträfe.
Behandlung im Plenum:
Ministerpräsident Christian Wulff hat zu dem Punkt das Wort ergriffen. Er hat sich in seiner Rede gegen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen. Von dem auf Bundesebene im Juni 2007 beschlossenen Kompromiss, nachdem unter bestimmten Voraussetzungen Mindestlöhne in einzelnen Branchen ermöglicht werden könnten, sollte nicht abgewichen werden.
Der Bundesrat hat dem Antrag auf sofortige Sachentscheidung nicht entsprochen. Die Entschließung wird jetzt zunächst in den Ausschüssen beraten.
Zu TOP 60
Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern
(Beamtenstatusgesetz - BeamtStG)
BR-Drs. 273/08
- Vermittlungsausschuss -
Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz regelt einheitlich das Statusrecht für Landesbeamtinnen, Landesbeamte, Kommunalbeamtinnen und Kommunalbeamte. Zielrichtung des Gesetzes ist die Festlegung der beamtenrechtlichen Grundstrukturen zur Gewährleistung der erforderlichen Einheitlichkeit des Dienstrechts insbesondere zur Sicherstellung von Mobilität der Beamtinnen und Beamten bei Dienstherrnwechsel. Damit soll auch die nach Artikel 33 Abs. 5 GG im Bundesstaat notwendige Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstes einfachgesetzlich gewährleistet werden. Ausdrücklich nicht erfasst sind laufbahnrechtliche Regelungen, die Besoldung und die Versorgung der Beamtinnen und Beamten.
Vorgesehen ist eine Vereinheitlichung und Modernisierung der statusrechtlichen Grundstrukturen, um die Mobilität insbesondere bei Dienstherrnwechsel zu gewährleisten. Dazu gehören insbesondere
- Wesen, Voraussetzungen, Rechtsform der Begründung, Arten, Dauer sowie Nichtigkeits- und Rücknahmegründe des Beamtenverhältnisses,
- Abordnungen und Versetzungen der Beamtinnen und Beamten zwischen den Ländern und zwischen dem Bund und den Ländern, Zuweisung einer Tätigkeit bei anderen Einrichtungen und Umbildung von Körperschaften,
- Voraussetzungen und Formen der Beendigung des Beamtenverhältnisses,
- statusprägende Pflichten der Beamtinnen und Beamten und Folgen der Nichterfüllung,
- wesentliche Rechte der Beamtinnen und Beamten (u. a. Verfassungstreue, Gehorsamspflicht, Verschwiegenheitspflicht, Nebentätigkeiten),
- Bestimmung der Dienstherrnfähigkeit,
- Spannungs- und Verteidigungsfall und
- Verwendungen im Ausland.
Zur Berücksichtigung ihrer regionalen Besonderheiten bleiben den Ländern hinreichend Gestaltungsspielräume.
Behandlung im Vermittlungsausschuss:
Der Bundesrat hatte am 15. Februar 2008 - ohne die Stimmen Niedersachsens - beschlossen, zu dem Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Ziel des Anrufungsbegehrens war es, in dem Gesetz keine Regelungen über landesinterne Umbildungen von Körperschaften zu treffen. Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG erfasse nur die grundlegenden und mobilitätsrelevanten Statusangelegenheiten der Beamten. Sie verleihe dem Bund insoweit nur die Befugnis, die länderübergreifenden Abordnungen, Versetzungen und Umbildungen von Körperschaften zu bestimmen, nicht auch den landesinternen Personalwechsel.
Der Bund sei zunächst auch von einer Kompetenz der Länder zur Regelung landesinterner Personalwechsel ausgegangen. Im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern habe er in den §§ 13 ff. Regelungen zur Abordnung, Versetzung und Umbildung einer Körperschaft nur bei länderübergreifenden Maßnahmen sowie bei einem Wechsel aus einem Land in die Bundesverwaltung vorgesehen. Erst der Bundestag habe aufgrund einer Stellungnahme des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren auch den Dienstherrnwechsel bei landesinternen Umbildungen geregelt.
Gegen diese Weiterung sprächen aber vor allem Sinn und Zweck der mit der Föderalismusreform erfolgten Neuverteilung der Gesetzgebungsbefugnisse. Mit der Neuordnung der Kompetenzen im Beamtenrecht sollte die Personalhoheit der Länder im öffentlichen Dienstrecht gestärkt und eine weitgehende Übertragung der Kompetenzen auf die Länder erfolgen.
Vor diesem Hintergrund sei eine Bundeskompetenz zur Regelung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen der landesinternen Umbildung von Körperschaften bzw. der landesinternen Aufgabenübertragung auf eine oder mehrere Körperschaften nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG nicht gegeben.
In seiner Sitzung am 23. April 2008 hat der Vermittlungsausschuss einen Einigungsvorschlag beschlossen, der dem Anrufungsbegehren des Bundesrates entspricht.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens den Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses bestätigt und dem veränderten Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zugestimmt.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.02.2010