811. Sitzung des Bundesrates am 27. Mai 2005
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 1a Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa - BR-Drs. 339/05
TOP 1b Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union - BR-Drs. 340/05
TOP 9 Gesetz zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention - BR-Drs. 306/05
TOP 10 Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei - BR-Drs. 307/05
TOP 11 Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) - BR-Drs. 359/05
TOP 15a Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge - BR-Drs. 341/05
TOP 15b Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge - BR-Drs. 322/05
TOP 15c Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen - BR-Drs. 45/05
TOP 15d Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen - BR-Drs. 321/05
TOP 17b Entschließung des Bundesrates zur Kennzeichnung von Fahrzeugen nach § 40 Abs. 3 BImSchG und zur Förderung schadstoffarmer Lkw und Busse - BR-Drs. 144/05
TOP 17c Entschließung des Bundesrates zur Feinstaub-Reduzierung - BR-Drs. 284/05
TOP 49 Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel (AVV Schnellwarnsystem – AVV SWS) - BR-Drs. 283/05
Rückläufer aus dem Vermittlungsausschuss
TOP 4 Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG) - BR-Drs. 356/05
TOP 5 Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen - BR-Drs. 357/05
TOP 1a Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa - BR-Drs. 339/05
TOP 1b Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union - BR-Drs. 340/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem zustimmungsbedürftigen Gesetz zu dem Vertrag vom 29. Oktober 2004 über eine Verfassung für Europa waren die erforderlichen Voraussetzungen für dessen In-Kraft-Treten gemäß Artikel 59 Abs. 2 des Grundgesetzes zu schaffen.
Der Verfassungsvertrag schafft die Voraussetzungen für ein vereintes Europa. Er soll die Handlungsfähigkeit der EU insbesondere auch wegen der vollzogenen Erweiterung um zehn neue Staaten auf 25 Mitgliedsnationen verbessern.
Wesentliche Inhalte sind:
- Die Definition der EU als Bürger- und Staatenunion, die ihre Legitimation als Rechtspersönlichkeit erhält.
- Die EU erhält den Charakter einer Rechts- und Wertegemeinschaft durch die Aufnahme der Charta der Grundrechte.
- Im institutionellen Bereich werden Reformen wirksam, so z.B. durch die Einführung der doppelten Mehrheit, durch die Installation eines Präsidenten des Europäischen Rates und eines Außenministers.
- Ausgedehnt werden die Befugnisse des Europäischen Parlaments.
- Die Zuständigkeiten zwischen der EU und den Mitgliedstaaten werden neu geregelt und deutlich voneinander abgegrenzt.
Das Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union – das Begleitgesetz – regelt die Umsetzung der Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der EU. Das betrifft die im Verfassungsvertrag eingeräumten speziellen Informations-, Rüge-, Klage- und Widerspruchsrechte sowie die Nutzung des sog. Frühwarnsystems und die Passerelleklausel.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der EU-Ausschuss hatte dem Vertragsgesetz und dem Begleitgesetz einstimmig zugestimmt.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsen den Gesetzen zugestimmt. Ferner wurde der von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Rheinland-Pfalz eingebrachte Plenarantrag mit den Stimmen Niedersachsens angenommen. Mit diesem Plenarantrag wird noch einmal der Verfassungsvertrag als ein Meilenstein für die europäische Integration und zugleich als wesentlicher Fortschritt für eine bessere Wahrnehmung der berechtigten Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden begrüßt.
TOP 9 Gesetz zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention - BR-Drs. 306/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem zustimmungsbedürftigen Gesetz folgt die Bundesregierung der mehrfachen Aufforderung von Bundestag und Bundesrat, die gesundheitliche Prävention neben der Akutbehandlung, der Rehabilitation und der Pflege als eine eigenständige, vierte Säule im Gesundheitswesen einzurichten. Die Prävention soll durch breit angelegte Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Kindergärten, Schulen, Sportvereinen, Betrieben oder Senioreneinrichtungen erfolgen. Sie soll die Gesundheit, Lebensqualität, Mobilität und Leistungsfähigkeit des Einzelnen nachhaltig verbessern.
Das Gesetz definiert Gesundheitsprävention als
- die Verhütung vermeidbarer Ersterkrankungen
- die Früherkennung von Krankheiten
- die Verhütung der Verschlimmerung einer Erkrankung sowie die Vermeidung von Folgeerkrankungen.
Die Umsetzung der gesundheitlichen Prävention beschränkt sich auf Maßnahmen zur Verhütung von Ersterkrankungen. Die Festlegung der Präventionsziele und der Standards für Präventionsaufgaben soll durch die mit dem Gesetz einzurichtende "Stiftung Prävention und Gesundheitsförderung" erfolgen. Der Stiftung obliegt es auch, die Umsetzung der festgelegten Vorgaben zu koordinieren und zu organisieren. Alle Präventionsträger werden einer umfangreichen Berichtspflicht über gewonnene Erfahrungen, eigene Leistungen und Aktivitäten unterworfen.
Nach dem Gesetz sollen 250 Mio. Euro jährlich für die Finanzierung der primären Prävention aufgewendet werden. Die Finanzierungslast trifft die Sozialversicherungsträger, allen voran die gesetzliche Krankenversicherung mit 180 Mio. Euro. Die Sozialversicherungsträger werden von den Erfolgen einer Prävention künftig einen Vorteil haben können.
Behandlung im Plenum (1. Durchgang):
Im ersten Durchgang hatte der Bundesrat zu dem Gesetz kritisch Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass das Gesetz einer Überarbeitung bedarf. Mit den Stimmen Niedersachsens hat er insbesondere kritisiert:
- Mit der Stiftung wird eine neue und aufwändige Verwaltungsstruktur errichtet.
- Die Stiftung soll -wenn sie eingerichtet wird- in Jena und nicht in Berlin angesiedelt werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Gesundheits-Ausschuss hatte empfohlen, dem Gesetz zuzustimmen. Der Wirtschaftsausschuss hatte die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes empfohlen.
Damit möchte der Wirtschaftsausschuss erreichen, dass die Stellungnahme des Bundesrates aus seiner März-Sitzung berücksichtigt wird. Angesichts der Notwendigkeit, die Lohnzusatzkosten zu senken, sieht der Wirtschaftsausschuss zudem die vorgesehene Finanzierung durch die Sozialkassen mit 250 Mio. Euro jährlich als problematisch an. Prävention ist nach seiner Auffassung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die deshalb auch aus Bundesmitteln finanziert werden müsse.
Behandlung im Plenum (2. Durchgang):
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung angerufen.
TOP 10 Gesetz zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei - BR-Drs. 307/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem nicht zustimmungsbedürftigen Gesetz beabsichtigt die Bundesregierung, den Bundesgrenzschutz in "Bundespolizei" umzubenennen. Zur Begründung verweist sie auf das erweiterte Aufgabenspektrum des Bundesgrenzschutzes. Die klassische Grenzschutzsicherung sei durch weitere Aufgaben ergänzt worden: Bahnpolizei, ständiger Einsatz auf Großflughäfen, Schutz der Verfassungsorgane des Bundes, Schutz diplomatischer Auslandsvertretungen, Unterstützung der Länder z.B. bei Großveranstaltungen oder Katastrophen.
Behandlung im Plenum (1. Durchgang):
Im ersten Durchgang hatte der Bundesrat mit den Stimmen Niedersachsens den Gesetzentwurf abgelehnt.
Der Entwurf erwecke den irreführenden Eindruck, dass es sich beim Bundesgrenzschutz um eine Polizeibehörde des Bundes mit umfassendem Aufgabenbereich handele. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch eindeutig festgestellt, dass der Bundesgrenzschutz nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden dürfe.
Das Gesetz sei auch überflüssig: die Umbenennung verursache lediglich erhebliche Kosten, ansonsten sei kein weiterer Regelungsgehalt erkennbar.
Die Beratungen im Deutschen Bundestag haben nicht zu einer Änderung in dem vom Bundesrat geforderten Sinne geführt. Bis auf unwesentliche Änderungen ist die Vorlage unverändert beschlossen worden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss hatte die Anrufung des Vermittlungsausschusses empfohlen mit dem Ziel der Aufhebung des Gesetzes.
Behandlung im Plenum (2. Durchgang):
Der Bundesrate ist mit den Stimmen Niedersachsens der Empfehlung des Innenausschusses nicht gefolgt und hat den Vermittlungsausschuss nicht angerufen.
TOP 11 Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 3. März 2004 (akustische Wohnraumüberwachung) - BR-Drs. 359/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit der von der Bundesregierung beabsichtigten Neuregelung des sog. "Großen Lauschangriffs" wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom März vergangenen Jahres umgesetzt. Das Gericht hatte festgestellt, dass eine erhebliche Anzahl der geltenden Vorschriften über die elektronische Abhörung von Privatwohnungen zum Zwecke der Strafverfolgung die Menschenwürde verletze.
Das Bundesverfassungsgericht hatte verfügt, dass es bei dem "Großen Lauschangriff" nicht zu "Eingriffen in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung" kommen darf. Damit ist nur noch "in ganz expliziten Ausnahmefällen" die akustische Überwachung des Wohnraums möglich.
Gespräche mit Geheimnisträgern aus beruflichen Gründen wie Ärzten oder Rechtsanwälten dürfen auch weiterhin generell nicht abgehört werden.
Zur Umsetzung der Vorgaben des BVerfG sieht das zustimmungsbedürftige Gesetz der Bundesregierung folgendes vor: Maßnahmen der Wohnraumüberwachung dürfen nur angeordnet werden, wenn anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind, nicht erfasst werden. Ist dies der Fall, so sind die Abhörmaßnahmen unverzüglich zu unterbrechen und die Aufzeichnungen über diese Äußerungen zu löschen. Eine Fortsetzung ist nur zulässig, wenn die für die Anordnung erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Im Zweifel ist eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Flankierend sichern datenschutzrechtliche Regelungen, Benachrichtigungspflichten und die Ermöglichung nachträglichen Rechtsschutzes für alle Betroffenen die Maßnahmen ab.
Behandlung im Plenum (1. Durchgang):
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zwölf Gegenvorschläge unterbreitet, die darauf abzielten, den Vorgaben des Gerichts zwar nachzukommen, die polizeilichen Ermittlungen aber so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Die Vorstellungen des Bundesrates sind weitgehend unberücksichtigt geblieben.
Nach Auffassung der Länder - Niedersachsen eingeschlossen - hatte die Bundesregierung den vom Bundesverfassungsgericht gesteckten Rahmen nicht ausgenutzt.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Rechtsausschuss empfahl deshalb dem Bundesrat aus mehreren Gründen die Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Niedersachsen unterstützt das Ziel, im Vermittlungsausschuss eine Erweiterung des Straftatenkataloges durchzusetzen, bei dem die akustische Wohnraumüberwachung angewandt werden darf. Zu nennen sind hier insbesondere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in bestimmten Fällen, Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz und die gewerbs- und bandenmäßige Fälschung von Zahlkarten, Schecks und Wechsel.
Die genannten Anrufungsgründe orientieren sich an den Forderungen der Union und der FDP, die Arbeit von Polizei und Ermittlungsbeamten bei der Terrorismusbekämpfung nicht nachhaltig zu gefährden, sondern in dem vom Bundesverfassungsgericht abgesteckten Rahmen zu ermöglichen.
Behandlung im Plenum (2. Durchgang):
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, den Vermittlungsausschuss aus verschiedenen Gründen anzurufen.
TOP 15a Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge - BR-Drs. 341/05
- Antrag des Landes Bayern -
TOP 15b Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge - BR-Drs. 322/05
Wesentlicher Inhalt:
Der unter Top15a zustimmungsbedürftige Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern hat die Entlastung mittelständischer Familienunternehmen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem vorrangigen Ziel der Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen zum Inhalt. Grundvoraussetzung für eine Entlastung ist allerdings, dass die Unternehmen, welche im Wege der Erbschaft oder zu Lebzeiten übergehen, von den Nachfolgern tatsächlich fortgeführt werden. Die Entlastung soll nur auf produktiv eingesetztes Vermögen im Wert von bis zu 100 Millionen Euro gewährt werden.
Vorgesehen ist eine Stundung der auf das produktive Vermögen entfallenden Erbschaft- und Schenkungsteuer über einen Zeitraum von 10 Jahren. Unter der Voraussetzung der Unternehmensfortführung erlischt die gestundete Steuer in 10 Jahresraten. Damit entfällt die Steuer nach 10 Jahren der Unternehmensfortführung vollständig.
Zur Gegenfinanzierung des - allein die Länder treffenden - Steuerausfalls in einer Höhe von 400 bis zu 600 Millionen Euro sieht der Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern eine ab dem 1. Januar 2006 greifende Erhöhung der Dividendenbesteuerung von derzeit 50 auf 57 Prozent vor.
Nach der auf einem angenommenem Steuerausfall von 400 Millionen Euro basierenden Berechnung der Gegenfinanzierung, sollen in den Jahren 2006 und 2007 noch Mindereinnahmen von rund 120 Millionen Euro anfallen, ab 2008 aber bereits Mehreinnahmen von rund 100 Millionen realisiert werden können.
Der unter Top 15b zustimmungsbedürftige Gesetzesentwurf der Bundesregierung basiert auf dem Vorschlag Bayerns. Der wesentliche Unterschied zwischen den Entwürfen besteht darin, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung keinerlei Vorschläge für eine Gegenfinanzierung beinhaltet.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Gesetzesentwurf des Freistaates Bayern wurde in den Ausschüssen uneinheitlich behandelt. Während der federführende Finanzausschuss dem Bundesrat Einbringung empfahl, votierte der Wirtschaftsausschuss für Nichteinbringung.
Im Hinblick auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung empfahlen die beteiligten Ausschüsse eine Stellungnahme abzugeben. In dieser Stellungnahme wird die Notwendigkeit betont, mittelständische Personenunternehmen als Garanten von Arbeitsplätzen, Stätten des produktiven Wachstums und in ihrer gesellschaftlichen Funktion als Orte beruflicher und sozialer Qualifikation von der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu entlasten. Die Ausschüsse wiesen allerdings darauf hin, dass in Anbetracht der äußerst angespannten Lage der öffentlichen Haushalte ein Ausgleich der mit der Entlastung verbundenen Mindereinnahmen unerlässlich sei.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Einbringung des Gesetzesentwurfes des Freistaates Bayern beschlossen.
Der Bundesrat hat auch in diesem Zusammenhang betont, dass Zweck der Regelung nicht die Begünstigung einer bestimmten Personengruppe, sondern die Erhaltung der Unternehmen als Garanten von Arbeitsplätzen, als Stätten des produktiven Wachstums und in ihrer gesellschaftlichen Funktion als Orte beruflicher und sozialer Qualifikation sei. Die Regelung trage auch dem Umstand Rechnung, dass die Eigenkapitalausstattung mittelständischer Unternehmen vielfach unzureichend und die Möglichkeiten Fremdkapital zu erhalten, eingeschränkt seien.
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung Stellung genommen.
TOP 15c Entwurf eines Gesetzes zur Verringerung steuerlicher Missbräuche und Umgehungen - BR-Drs. 45/05
- Antrag des Landes Hessen -
Wesentlicher Inhalt:
Ziel des hessischen zustimmungsbedürftigen Gesetzentwurfes ist es, Gesetzeslücken zu schließen, welche in besonderer Weise zu steuerlichen Missbräuchen und Umgehungen einladen.
Dies soll unter anderem durch eine Anpassung der im Einkommensteuergesetz geregelten Gewinnermittlung erfolgen. Weiterhin sollen Anschaffungskosten für Wertpapiere erst im Zeitpunkt der Veräußerung abzugsfähig werden. Bewertungsabschläge für Betriebsvermögen nach dem Erbschaftssteuergesetz bei " Sale und lease back" – Konstruktionen sollen künftig wegfallen. Darüber hinaus sind klarstellende Regelungen für die bilanzielle Bewertung von bestimmten Sicherungsgeschäften mit Finanzinstrumenten vorgesehen. Auch die Schaffung eines neuen Tatbestandes im Recht der Steuerordnungswidrigkeiten für den Fall einer unberechtigten Weitergabe von Quittungen ist Gegenstand der neuen Regelungen. Die Vorschriften für unbeschränkt Steuerpflichtige sollen eine Anpassung erfahren.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss hatte dem Bundesrat empfohlen, den Gesetzesentwurf nach Maßgabe zahlreicher Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Unter anderem soll die Abzugsfähigkeit der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder ein an deren Stelle tretender Wert für Anteile an Kapitalgesellschaften, nicht nur für Wertpapiere, sondern auch für vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte auf den Zeitpunkt der Veräußerung verlagert werden. Gleiches soll für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens gelten.
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss haben dem Bundesrat eine unveränderte Einbringung empfohlen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, den Gesetzesentwurf mit Maßgabe einzubringen.
TOP 15d Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen - BR-Drs. 321/05
Wesentlicher Inhalt:
Der von der Bundesregierung vorgelegte zustimmungsbedürftige Gesetzesentwurf steht im Zusammenhang mit der Umsetzung der Beschlüsse des Job-Gipfels vom 17. März 2005. In diesem Gespräch wurde zwischen den Spitzen von Bundesregierung und Opposition vereinbart, steuerliche Erleichterungen für Unternehmen zu schaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in einem sich verändernden internationalen Umfeld zu erhöhen und die Investitionsbereitschaft am Standort Deutschland zu erhöhen.
Der Gesetzesentwurf beinhaltet die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 19 Prozent, die Anhebung des Anrechnungsfaktors bei der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer und die auf drei Jahre befristete, hälftige Besteuerung der Gewinne aus dem Verkauf von betrieblichen Immobilien, wenn diese mindestens 10 Jahre zum Anlagevermögen gehörten.
Zur Gegenfinanzierung ist die Begrenzung des Verlustabzugs auf 50 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte (Verschärfung der Mindestbesteuerung) und die Verlustabzugsbeschränkung für Fonds, welche vorrangig auf Verlustzuweisung abzielen, vorgesehen.
Der Saldo der Maßnahmen soll unter Berücksichtigung der zu erwartenden Mehr- und Mindereinnahmen beim Bund (-0,7 bis -1,2 Mrd. €) und den Ländern (-0,15 bis -1 Mrd. €) zu Mindereinnahmen führen, während bei den Gemeinden Mehreinnahmen erwartet werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für innere Angelegenheiten, der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung haben dem Bundesrat empfohlen, eine umfangreiche Stellungnahme abzugeben.
In dieser Stellungnahme wird die Senkung des Körperschaftsteuersatzes grundsätzlich begrüßt. Auf deutlichen Widerspruch stoßen dagegen die von der Bundesregierung vorgesehenen Finanzierungspläne. Sie sind nach Auffassung der Ausschüsse zu optimistisch, in wesentlichen Punkten nicht belastbar und teilweise auch wachstumspolitisch kontraproduktiv und werden deshalb als nicht akzeptabel zurückgewiesen.
Darüber hinaus fordert der Wirtschaftsausschuss eine grundlegende und umfassende Steuerreform, die über Subventionsabbau, durch Privatisierungen und über Selbstfinanzierungseffekte eines höheren Wachstums zu finanzieren sei.
Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss wenden sich zudem gegen die von der Bundesregierung angekündigte Prüfung einer möglichen Anhebung der Gewerbesteuerumlage zugunsten des Bundes.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens Stellung genommen.
TOP 17b Entschließung des Bundesrates zur Kennzeichnung von Fahrzeugen nach § 40 Abs. 3 BImSchG und zur Förderung schadstoffarmer Lkw und Busse - BR-Drs. 144/05
- Antrag des Landes Berlin -
TOP 17c Entschließung des Bundesrates zur Feinstaub-Reduzierung - BR-Drs. 284/05
- Antrag der Länder Hessen, Baden-Württemberg, Bayern -
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Entschließungsantrag des Landes Berlin wird die Bundesregierung gebeten, für schadstoffarme Lkw und Busse steuerliche oder wirtschaftliche Anreize zu schaffen - z.B. durch aufkommensneutrale Kraftfahrzeugsteuerbefreiungen für Fahrzeuge mit Partikelfilter oder gleichwertige Techniken -, bei der Lkw-Maut ein stärkeres Splitting insbesondere für schadstoffarme Lkw nach EUR 5 zugrunde zu legen und eine Rechtsverordnung für die amtliche Kennzeichnung von schadstoffarmen Fahrzeugen vorzulegen.
Mit dem Entschließungsantrag der Länder Hessen, Baden-Württemberg und Bayern zur Reduzierung der Feinstaubbelastung wird die Bundesregierung aufgefordert:
- die rechtlichen Voraussetzungen für die Kennzeichnung schadstoffarmer Fahrzeuge zu schaffen
- einen aufkommensneutralen Vorschlag für eine Mautspreizung zugunsten von Diesel-Lkw nach Euro 5 vorzulegen
- ein aufkommensneutrales Förderprogramm zur Aus- und Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen mit Partikelfiltern vorzulegen
- bei der EU auf eine Festlegung der Grenzwerte für die EURO-5-Abgasnorm bis zum 1.1.2006 hinzuwirken sowie
- umgehend mit den Ländern die notwendigen Entscheidungen zur Reduzierung der Feinstaub-Emissionen aus Diesel-Fahrzeugen zu treffen und umzusetzen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Zum Antrag des Landes Berlin empfahlen der federführende Verkehrsausschuss und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegen die Stimmen Niedersachsens mehrheitlich, die Entschließung mit der Maßgabe zu fassen, dass die Bundesregierung sich bei der EU dafür einsetzt, bei der Definition von Grenzwerten nicht nur die Masse, sondern auch die Zahl der Partikel zu begrenzen. Der Finanzausschuss empfahl mit der Stimme Niedersachsens mehrheitlich, die Entschließung nicht zu fassen.
Zum Antrag der Länder Hessen, Baden-Württemberg und Bayern empfahlen der federführende Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss gegen die Stimmen Niedersachsens, der Innenausschuss bei Enthaltung Niedersachsens und der Finanzausschuss mit der Stimme Niedersachsens mehrheitlich, die Entschließung mit der Maßgabe zu fassen, die Förderung von Neufahrzeugen auszunehmen. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfahlen gegen die Stimmen Niedersachsens, die Entschließung zu fassen.
Behandlung im Plenum:
Die Länder Baden-Württemberg, Berlin und Hessen beantragten, die Anträge des Landes Berlin und der Länder Hessen, Baden-Württemberg und Bayern zu einer gemeinsamen Entschließung zusammenzuführen und um die Forderungen an die Bundesregierung zu ergänzen, schnellstmöglich einen Vorschlag für eine EURO-6-Abgasnorm für Lkw vorzulegen sowie durch Mautfreistellung definierter Autobahnstücke bzw. Mautpflicht für Ausweichrouten der Verlagerung von Verkehr entgegenzuwirken.
Der Bundesrat hat ohne die Stimmen Niedersachsens die Entschließung gefasst.
TOP 49 Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Durchführung des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Futtermittel sowie für Meldungen über Futtermittel (AVV Schnellwarnsystem – AVV SWS) - BR-Drs. 283/05
Wesentlicher Inhalt:
Das System der Schnellwarnungen ist ein europaweit organisiertes Informationsnetz für Lebensmittel und Futtermittel mit einheitlicher Struktur der Datenaufnahme und -verbreitung. In das System eingespeist werden alle europäischen Meldungen über Probleme in Lebensmitteln oder Futtermitteln, die ein ernstes Risiko für die Gesundheit von Mensch und/oder Tier darstellen können (z.B. Gehalt an verbotenen oder gesundheitsgefährdenden Stoffen). Das Schnellwarnsystem ist somit ein Meldesystem zur schnellen Warnung vor akuten Gefahren, es ist aber keine Plattform zum allgemeinen Informationsaustausch.
Die zuständigen Behörden werden schnell und aktuell über mögliche Gefahren informiert und erhalten Basisdaten für ihre Kontrolltätigkeit bis hin zu amtlichen Verfügungen. Verbraucher und Wirtschaftsbeteiligte können ebenfalls - dann aber über die zuständigen Behörden - informiert werden.
Die AVV SWS regelt die Durchführung und Nutzung des Schnellwarnsystems durch die zuständigen Behörden in Deutschland. Beteiligt sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und die zuständigen Landesbehörden. Festgelegt werden Begriffsbestimmungen, die Erreichbarkeit der zuständigen Behörden, Meldeverantwortlichkeiten und Verfahrensabläufe. Die AVV SWS stellt somit eine einheitliche Anwendung der festgelegten Meldekriterien und eine effiziente Arbeitsweise des Systems sicher. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) unterstützt die zuständigen Behörden bei der Erstellung und Bewertung von Meldungen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Agrarausschuss und der Gesundheitsausschuss hatten Änderungen und Ergänzungen eingebracht, die mit jeweils großen Mehrheiten angenommen wurden. Ein Niedersächsischer Antrag fand in den Ausschüssen keine Mehrheit. Dabei handelte es sich um eine Ergänzung, durch die den zuständigen Behörden zumindest der Zugriff auf alle in Europa eingebrachten Meldungen ermöglicht werden sollte, also auch auf die, von denen Deutschland oder die Länder nicht betroffen sind. Das erschien notwendig, weil die zuständigen Behörden sich über das EU-weite Geschehen zumindest informieren sollten. Ein Teil der Bundesländer erkannte das niedersächsische Anliegen, nämlich die Zugriffsmöglichkeit, nicht richtig und befürchtete, dass sie mit Meldungen überschüttet würden. Aus dieser Befürchtung ergaben sich Ablehnungen im Agrar- und im Gesundheits-Ausschuss.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens der Verwaltungsvorschrift mit Maßgaben zugestimmt.
Der in den beteiligten Ausschüssen gestellte niedersächsische Antrag wurde als Plenarantrag erneut gestellt und hat eine Mehrheit erhalten.
Rückläufer aus dem Vermittlungsausschuss
TOP 4 Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG (SUPG) - BR-Drs. 356/05
TOP 5 Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen - BR-Drs. 357/05
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat zu TOP 4 und TOP 5 dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt.
Zu TOP 4 hat sich Niedersachsen der Stimme enthalten.
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Ansprechpartner/in:
Herr Rüdiger Jacobs
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
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