809. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2005
Aus niedersächsischer Sicht waren folgende Tagesordnungspunkte von besonderer Bedeutung:
TOP 2 Gesetz zur Regelung bestimmter Altforderung (Altforderungsregelungsgesetz - AFRG) - BR-Drs. 117/05
TOP 10 Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen - BR-Drs. 126/05
TOP 17 Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens - BR-Drs. 99/05
TOP 21 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts - BR-Drs. 153/05
TOP 26 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention - BR-Drs. 97/05
TOP 28 Entwurf eines Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei - BR-Drs. 87/05
Rückläufer aus dem Vermittlungsausschuss
TOP 35a Jahresgutachten 2004/2005 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - BR-Drs. 934/04
TOP 35b Jahreswirtschaftsbericht 2005 der Bundesregierung - Den Aufschwung stärken - Strukturen verbessern - BR-Drs. 81/05
TOP 54 - Gesetz zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches - BR-Drs. 120/05
TOP 58 Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes -
BR-Drs. 185/05
TOP 59 - Drittes Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften -
BR-Drs. 186/05
TOP 60 Zweites Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze - BR-Drs. 187/05
TOP 2 Gesetz zur Regelung bestimmter Altforderung (Altforderungsregelungsgesetz - AFRG) - BR-Drs. 117/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit Art. 1 des Gesetzes sollen bestimmte Altforderungen dem Bund als Gläubiger - und damit direkt dem Entschädigungsfonds - zugewiesen werden. Erfasst werden privatrechtliche Darlehensforderungen, die vor dem 8. Mai 1945 begründet wurden und regelmäßig an im Beitrittsgebiet belegenen Grundstücken grundpfandrechtlich gesichert waren. Gläubiger dieser Forderungen waren Banken, Bausparkassen und Versicherungen, deren Vermögenswerte auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurden. Die Forderungen sind auf den Bund übergegangen, soweit er Ausgleichszahlungen an die Kreditinstitute geleistet oder das Finanzvermögen des Staatshaushalts der ehemaligen DDR übernommen hat. Das Gesetz dient im Wesentlichen der Klarstellung.
Mit Art. 2 des Gesetzes soll dem heutigem Gläubiger der Altforderung (in der Regel der Bund) ein eigenständiger Leistungsanspruch gegen den Schuldner eingeräumt werden, sofern dieser einen Anspruch auf Entschädigung für ein Unternehmen nach dem Entschädigungsgesetz hat und die entschädigungsmindernde Anrechnung seiner Verbindlichkeiten fehlschlägt. Bei der Entschädigung von Unternehmen werden die Verbindlichkeiten zwar grundsätzlich als Abzugsposten bei der Bemessung der Entschädigung berücksichtigt, weil auf die Entschädigung jedoch vorrangig der Verkehrswert eines im Rahmen der Unternehmensentschädigung restituierten Grundstücks zum Zeitpunkt der Rückgabe anzurechnen ist, passiert es häufig, dass sich die Entschädigung damit auf Null reduziert und eine Anrechnung der Verbindlichkeiten nicht mehr erfolgen kann.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Finanzausschuss hatte dem Bundesrat empfohlen, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel anzurufen, Artikel 2 des Gesetzes zu streichen. Zur Begründung führte der Finanzausschuss aus, dass das Vermögensgesetz deutlich zwischen Singularrestitution und Unternehmensrestitution unterscheide. Im Rahmen der Unternehmensrestitution habe sich der Gesetzgeber bewusst für ein Modell entschieden, wonach die Rückübertragung nicht von der Zahlung eines Ablösebetrages für Altverbindlichkeiten abhängig gemacht werden solle. Die Anrechnung sollte vielmehr nachgelagert erfolgen, damit Investitionen in den ostdeutschen Ländern gerade nicht durch Altverbindlichkeiten behindert wurden. Der Gesetzgeber habe die Unmöglichkeit der Anrechnung dabei in Kauf genommen. Die rückwirkende Änderung verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes. Die Entschädigungsberechtigten hätten sich darauf verlassen können, dass Altverbindlichkeiten lediglich mit den Entschädigungsansprüchen für die enteigneten Unternehmen zu verrechnen seien. Vor diesem Hintergrund seien Investitionen getätigt worden. Mit der neu eingeführten Regelung würden Entschädigungsberechtigte bezüglich eines enteigneten und nicht mehr rückgebbaren Unternehmens einer Zahlungsverpflichtung ausgesetzt.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel verlangt, Artikel 2 des Gesetzes zu streichen.
TOP 10 Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung aus den Regionen - BR-Drs. 126/05
Wesentlicher Inhalt:
Das Gesetz enthält Vorschläge zum Bürokratieabbau in verschiedenen Regelungsbereichen. Im Wesentlichen geht es um die
- Beschleunigung von Gerichtsverfahren
- Erleichterte Übertragung von Genehmigungen und Vorbescheiden nach dem BImschG
- Erleichterung von Berichts- und Dokumentationspflichten für Unternehmen mit Umweltmanagement-Systemen (EMAS)
- Aufhebung der Verpflichtung zur Erstellung und Vorlage von Abfallbewirtschaftungskonzepten und Abfallbilanzen für private Erzeuger
- Verwirklichung innovativer Techniken in der Verwertung statt Beseitigung von Abfällen
- Liberalisierung des Gaststättenrechts (u.a. Erlaubnisfreistellungen für Gaststättennebenbetriebe oder ambulante Imbissstände)
- Einführung von Experimentierklauseln in die Gewerbeordnung und das Gaststättengesetz (zur befristeten Aufhebung von Berufsausübungsregelungen, um deren Auswirkungen auf die Praxis zu untersuchen)
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Bundesrat hatte bereits im ersten Durchgang eine kritische Stellungnahme zu dem damaligen Gesetzentwurf abgegeben und eine Vielzahl von Änderungsvorschlägen unterbreitet, von denen der Deutsche Bundestag nur wenige übernommen hatte. Mit den übrigen Vorschlägen, die aus einem Änderungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernommen worden sind, wird der Gesetzentwurf aus Sicht des Wirtschaftsausschusses verschlechtert. Übrig bliebe ein Gesetz, mit dem nur wenige Vereinfachungen erreicht werden, die nicht wirklich kostenrelevant sind. Der Wirtschaftsausschuss hatte dem Bundesrat deshalb empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen mit dem Ziel, den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages grundlegend zu überarbeiten.
Der Bundesrat hatte zwischenzeitlich am 26.11.2004 eine Entschließung zum Bürokratieabbau gefasst (BR-Drs. 710/04) und einen eigenen Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau beschlossen (BR-Drs. 709/04), der im Deutschen Bundestag am 18.3.2005 im ersten Durchgang beraten und an die Ausschüsse überwiesen wurde. Auch deshalb hält der Wirtschaftsausschuss die Anrufung des Vermittlungsausschusses für geboten. Die Vorschläge des Bundesrates sollen nach dem Willen des Wirtschaftsausschusses in den Gesetzentwurf mit einfließen. Die Bundesregierung hatte sich zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates ablehnend geäußert.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens die Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel verlangt, den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages grundlegend zu überarbeiten.
TOP 17 Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der DNA-Analyse zu Zwecken des Strafverfahrens - BR-Drs. 99/05
- Antrag der Länder Hessen, Bayern, Hamburg, Saarland, Thüringen -
Wesentlicher Inhalt:
Der Entwurf des Gesetzes soll den Anwendungsbereich der Entnahme von Körperzellen zur Erstellung von DNA-Analysen für die Zwecke künftiger Strafverfahren erweitern und sieht - im Ergebnis - die Gleichstellung der DNA-Analyse mit anderen erkennungsdienstlichen Maßnahmen vor.
Die Entnahme von Körperzellen zur Gewinnung von DNA-Identifizierungsmustern, die Untersuchung von Spuren auf DNA-Identifizierungsmuster sowie die Speicherung der so gewonnenen Muster zum Abgleich in künftigen Strafverfahren soll erleichtert werden.
Bislang können molekulargenetische Identitätsfeststellungen nur aufgrund richterlicher Anordnung vorgenommen werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- wenn der Verdacht einer Tat von erheblicher Bedeutung besteht, d.h. wenn die Tat mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Haft bedroht ist,
- oder ein Delikt gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegeben ist und
- die Prognose besteht, dass gegen den Betroffenen in der Zukunft Strafverfahren wegen Taten von erheblicher Bedeutung zu führen sind.
Konkret soll eine DNA-Analyse zukünftig bereits dann angeordnet werden können, wenn wegen der Persönlichkeit des Beschuldigten, der Art oder Ausführung der Tat Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten auch künftig Strafverfahren zu führen sind.
Die Beschränkung der DNA-Analyse auf bestimmte Straftaten ist nicht mehr vorgesehen und die Anordnung der Untersuchung soll künftig durch die Polizei erfolgen, d.h. der Richtervorbehalt soll abgeschafft werden.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf beim Bundestag einzubringen. Der Gesundheitsausschuss hatte von einer Empfehlung abgesehen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat beschlossen, den Gesetzentwurf nicht beim Deutschen Bundestag einzubringen. Niedersachsen hat sich enthalten.
TOP 21 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts - BR-Drs. 153/05
- Antrag der Länder Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, Bayern
Wesentlicher Inhalt:
Mit der Entschließung bekräftigt der Bundesrat seine ablehnende Haltung gegenüber dem Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts, die er bereits mit Beschluss vom 5.11.2004 zum Ausdruck brachte. Er weist insbesondere auf die innovationsfeindliche und wachstumsschädliche Wirkung der Haftungsregelungen im deutschen Gentechnikrecht hin. Diese Regelungen wirken zu Ungunsten der Nutzer gentechnisch veränderter Organismen (GVO) und gewährleisten nicht die von der EU geforderte und ausgewogen zu gestaltende Koexistenz. Das gesamte Regelungspaket entspricht ferner nicht dem Ziel des Aufgabenabbaus und der Entbürokratisierung.
Der Bundesrat erinnert an die von der Bundesregierung abgegebene 6-Punkte-Erklärung. Er bittet die Bundesregierung um die in Aussicht gestellte Berichterstattung bis zum 1. Mai und bezieht sich mit dieser Terminsetzung vor allem auf die Zusage der Bundesregierung, eine europarechtlich einheitliche Interpretation des Begriffes des Inverkehrbringens im Sinne der Freisetzungsrichtlinie herbeizuführen. Ziel des Bundes war, diese Klarstellung durch die Kommission und vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts zu erreichen.
Die Entschließung bringt die Besorgnis des Bundesrates über das Gesamtpaket der restriktiven Regelungen im deutschen Gentechnikrecht zum Ausdruck.
Behandlung in den Ausschüssen:
Eine Ausschussberatung hat nicht stattgefunden - es ist sofortige Sachentscheidung beantragt worden.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens der sofortigen Sachentscheidung zugestimmt und die Entschließung gefasst.
TOP 26 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention - BR-Drs. 97/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem vorliegenden Entwurf des zustimmungsbedürftigen Gesetzes soll die gesundheitliche Prävention neben der Akutbehandlung, der Rehabilitation und der Pflege zu einer eigenständigen Säule im Gesundheitswesen ausgebaut werden. Das Gesetz soll Maßnahmen und Leistungen regeln, die den verantwortlichen Umgang mit der eigenen Gesundheit unterstützen sollen und sich sowohl auf das Verhalten im Einzelnen wie die Gestaltung des Lebensumfeldes beziehen.
Als Träger der Leistungen und Maßnahmen sind die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung sowie die soziale Pflegeversicherung vorgesehen.
Die Länder sind als wichtige Akteure der Prävention und Gesundheitsförderung eingebunden.
Zeitgleich soll mit dem Gesetz die Einrichtung einer bundesunmittelbaren Stiftung des öffentlichen Rechts "Prävention und Gesundheitsförderung" erfolgen. Aufgabe dieser Stiftung ist es, die Auswahl geeigneter Maßnahmen auf der Grundlage von vorgegebenen Präventionszielen und Teilzielen in Zusammenarbeit mit einem breiten Gremium von Fachleuten zu erarbeiten.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Gesundheitsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Familie und Senioren und der Ausschuss für Frauen und Jugend haben dem Bundesrat empfohlen, gegen den Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.
Der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss bekräftigten zwar die Notwendigkeit der Förderung der gesundheitlichen Prävention, nahmen aber gleichwohl kritisch Stellung, wobei im Wesentlichen Kritik an der fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der unnötigen Einrichtung einer Präventionsstiftung und der nicht nachgewiesenen Kostenstruktur der den Ländern durch Organisations- und Kontrollaufgaben sowie neue Berichtspflichten entstehenden Kosten erhoben wurde.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens zu dem Gesetzentwurf kritisch Stellung genommen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Gesetzentwurf einer Überarbeitung bedarf, um einfachere und transparentere Organisationsstrukturen auf der Bundesebene zu schaffen, die den bürokratischen Aufwand verringern.
In seiner Stellungnahme unterstreicht er, dass die Errichtung einer bundesunmittelbaren rechtsfähigen "Stiftung Prävention und Gesundheitsförderung" neben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung früheren Forderungen des Bundesrates nach einfachen und transparenten Organisationsstrukturen widerspreche. Die Kosten, die den Ländern für den Aufbau der erforderlichen Verwaltungsstrukturen zur Erledigung der neuen Organisations- und Kontrollaufgaben und für die Erfüllung der neuen Berichtspflichten entständen, müssten in nachvollziehbarer Weise dargelegt werden. Der Gesetzentwurf weise Überregulierungen auf, die nicht mit dem Ziel des Bürokratieabbaus übereinstimmten.
Sollten im Zuge der Verabschiedung des Gesetzes trotz aller Bedenken Aufgaben zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention einer Bundeseinrichtung oder -institution übertragen werden, so fordert der Bundesrat, diese in Jena statt - wie der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsehe - in Berlin anzusiedeln. Nach dem Beschluss der Unabhängigen Föderalismuskommission von Bundestag und Bundesrat aus dem Jahre 1992 seien neue Bundeseinrichtungen und -institutionen grundsätzlich in den neuen Ländern anzusiedeln.
TOP 28 Entwurf eines Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei - BR-Drs. 87/05
Wesentlicher Inhalt:
Mit dem Gesetzentwurf beabsichtigt die Bundesregierung, den Bundesgrenzschutz in "Bundespolizei" umzubenennen. Zur Begründung verweist sie auf das erweiterte Aufgabenspektrum des Bundesgrenzschutzes. Die klassische Grenzschutzsicherung sei durch weitere Aufgaben ergänzt worden: Bahnpolizei, ständiger Einsatz auf Großflughäfen, Schutz der Verfassungsorgane des Bundes, Schutz diplomatischer Auslandsvertretungen, Unterstützung der Länder z.B. bei Großveranstaltungen oder Katastrophen.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der Innenausschuss empfahl dem Bundesrat den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der Entwurf erwecke den irreführenden Eindruck, dass es sich beim Bundesgrenzschutz um eine Polizeibehörde des Bundes mit umfassendem Aufgabenbereich handele. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch eindeutig festgestellt, dass der Bundesgrenzschutz nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden dürfe.
Der Gesetzentwurf sei auch überflüssig: die Umbenennung verursache lediglich erhebliche Kosten, ansonsten sei kein weiterer Regelungsgehalt erkennbar.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens einem Plenarantrag der Länder Bayern, Hamburg und Hessen zugestimmt, mit dem die Empfehlungen des Innenausschusses ersetzt werden. Inhaltlich lehnt der Antrag die Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei ab.
TOP 35a Jahresgutachten 2004/2005 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - BR-Drs. 934/04
TOP 35b Jahreswirtschaftsbericht 2005 der Bundesregierung - Den Aufschwung stärken - Strukturen verbessern - BR-Drs. 81/05
Wesentlicher Inhalt:
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hatte im November 2004 sein Jahresgutachten 2004/2005 unter dem Titel "Erfolge im Ausland - Herausforderungen im Inland" vorgelegt. Die Bundesregierung hatte darauf im Januar 2005 mit dem Jahreswirtschaftsbericht 2005 "Den Aufschwung stärken - Strukturen verbessern" geantwortet.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Finanzausschuss und der Gesundheitsausschuss hatten dem Bundesrat empfohlen, zu dem Jahresgutachten und dem Jahreswirtschaftsbericht eine kritische Stellungnahme abzugeben.
Die Ausschüsse greifen wesentliche Punkte des Jahresgutachtens auf und heben insbesondere die katastrophale Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage in Deutschland sowie die enorme Staatsverschuldung hervor:
Die Arbeitslosigkeit habe einen Nachkriegsrekord erreicht; im Februar seien mehr als 5,2 Millionen Arbeitslose registriert gewesen. Eine Besserung der Situation sei nicht in Sicht. Anstatt endlich entschlossen Reformen anzugehen, die zu mehr Beschäftigung führen, versuche die Bundesregierung, die Zahl der Arbeitslosen durch statistische Effekte zu senken.
Das Wirtschaftswachstum soll nach Aussage der Bundesregierung in 2005 um 1,6 % ansteigen. Der Sachverständigenrat prognostiziert 1,4 %. Aktuell sagen mehrere Wirtschaftsinstitute nur noch 1,2 % vorher. Zusätzliches Arbeitsvolumen könne damit nicht geschaffen werden. Zudem sei Deutschland von einem durchgreifenden Aufschwung der Binnenwirtschaft weit entfernt.
Mit der Konsolidierung des Bundeshaushalts sei die Bundesregierung im dritten Jahr hintereinander gescheitert. Der Stabilitätspakt würde in 2005 zum vierten Mal in Folge gebrochen. Die Verantwortung für diese Entwicklung liege beim Bund und nicht bei Ländern und Kommunen, die auch 2004 die ihnen im Rahmen der nationalen Vereinbarungen des Finanzplanungsrats zugestandenen Defizitspielräume eingehalten hätten.
Auf diese Herausforderungen findet die Bundesregierung nach Auffassung der Ausschüsse in ihrem Jahreswirtschaftsbericht keine Antwort. Die Ausschüsse fordern die Bundesregierung deshalb auf, den umfassenden wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Reformbedarf in Deutschland noch in diesem Jahr entschieden anzugehen. Anders sei weder die binnenkonjunkturelle Entwicklung nachhaltig zu stabilisieren, noch könnten die strukturellen Probleme überwunden werden. Das sei auch die Einschätzung des Sachverständigenrates.
Handlungsbedarf besteht nach Auffassung der Ausschüsse vorrangig in den folgenden vier Bereichen:
1. Flexibilisierung des Arbeitsmarktes
Umgehend umgesetzt werden müssten:
- die Senkung der Einstellungshürden, unter anderem durch Lockerungen beim Kündigungsschutz
- die Erleichterung betrieblicher Bündnisse für Arbeit
- eine stärkere Spreizung der Tariflöhne und -gehälter zur gezielten Stärkung des Niedriglohnbereichs und
- eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung.
2. Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme:
Die Effizienz und die Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung müssten verbessert werden. Dies sei insbesondere für eine Absenkung der Lohnnebenkosten dringend erforderlich.
Zur Pflegeversicherung müsse eine grundlegende strukturelle und inhaltliche Reform vorgelegt werden, um die finanziellen Grundlagen mittel- und langfristig zu sichern. Nur so könnten im Hinblick auf die demographische Entwicklung und die Situation der Familien rechtzeitig notwendige Maßnahmen ergriffen werden.
3. Nachhaltige Konsolidierung des Bundeshaushalts
Oberste Priorität müsse in 2005 die Einhaltung des 3 % - Defizitkriteriums haben. Der Stabilitätspakt dürfe nicht aufgeweicht werden. Daneben müssten durch die Umschichtung von konsumtiven zu investiven Ausgaben gezielte Impulse gegeben werden: Zum Einen für die Verbesserung der Infrastruktur, zum Anderen für eine Innovations- und Modernisierungsoffensive. Damit würde die technologische Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt und der Binnennachfrage würden neue Impulse verliehen.
4. Unternehmensbesteuerung
Die Bundesregierung müsse ein Konzept vorlegen, das die Steuerbelastung nationaler Unternehmen senkt und den Standort Deutschland im europäischen und internationalen Wettbewerb stärkt.
Zudem müsse besonders der Mittelstand entlastet werden. Mit steuerlichen Erleichterungen zu Gunsten der Bildung von Eigenkapital müssten die Finanzierungsbedingungen für Existenzgründer sowie speziell für kleine und mittlere Unternehmen verbessert werden.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat mit den Stimmen Niedersachsens beschlossen, zu dem Jahresgutachten und dem Jahreswirtschaftsbericht entsprechend den Ausschussempfehlungen eine kritische Stellungnahme abzugeben.
TOP 54 - Gesetz zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches - BR-Drs. 120/05
Wesentlicher Inhalt:
In den vergangenen Jahren ist eine kontinuierliche Zunahme rechtsextremistischer Versammlungen zu verzeichnen. Themenwahl, Veranstaltungsort und Ausgestaltung dieser "Versammlungen" weisen immer stärker das Gepräge historischer Aufmärsche des NS-Regimes auf. Die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft wird verherrlicht oder verharmlost. Durch bewusste Provokationen wird das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in unerträglicher Weise missachtet. Die Empfindungen der Bevölkerung werden erschüttert, insbesondere der Wunsch der Nachkommen der Opfer, hier in Frieden leben zu können.
Mit dem Gesetz soll insbesondere das Verbot von friedensgefährdenden Versammlungen an solchen Orten erleichtert werden, die an die Opfer organisierter menschenunwürdiger Behandlung unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern. Auf Bundesebene ist das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin (Holocaust-Denkmal) ein "Ort von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung", an dem in Zukunft rechtsradikale Aufzüge verboten werden können. Auf Länderebene soll der Landesgesetzgeber die herausgehobenen Gedenkorte bestimmen.
Das Gesetz regelt ferner die Strafbarkeit positiver Äußerungen über die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft. Mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden dadurch stört, dass er in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
Behandlung in den Ausschüssen:
Der federführende Innenausschuss und der Rechtsausschuss des Bundesrates empfahlen dem Bundesrat den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen.
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat ist mit den Stimmen Niedersachsens den Ausschussempfehlungen gefolgt.
Rückläufer aus dem Vermittlungsausschuss
TOP 58 Gesetz zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes -
BR-Drs. 185/05
TOP 59 - Drittes Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften -
BR-Drs. 186/05
TOP 60 Zweites Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze - BR-Drs. 187/05
Behandlung im Plenum:
Der Bundesrat hat zu den o.a. Gesetzen mit den Stimmen Niedersachsens jeweils dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zugestimmt.
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Herr Rüdiger Jacobs
Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund
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