Osigus fordert Aufnahme von Hass und Hetze in den Katalog der EU-Straftaten
Niedersachsens Europaministerin: „Müssen Grundwerte europaweit verteidigen“
Niedersachsens Europaministerin Wiebke Osigus hat die EU-Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, die Liste der EU-Straftatbestände (EU-Crimes) um Hetze und Hasskriminalität zu erweitern. Die Ministerin unterstützt damit das Europäische Parlament, welches in dieser Woche über entsprechende Forderungen an den Rat debattieren will.
„Hass und Hetze sind Gift für unsere Demokratie. Sie kennen in Zeiten des Internets auch leider keine nationalen Grenzen mehr. Wir müssen dieser Gefährdung unserer gemeinsamen Grundwerte europaweit entschlossen entgegentreten. Deshalb brauchen wir eine EU-weite Strafverfolgung“, sagte Osigus. Alle Mitgliedstaaten sollten dem Problem eine entsprechende Priorität beimessen, ergänzte sie.
Am Mittwoch und Donnerstag will sich das EU-Parlament mit dem Thema Hass und Hetze befassen. Ziel ist eine Aufforderung an den Rat zu entschiedenen Schritten. Derzeit werden Hassrede und Hassverbrechen in den EU-Mitgliedstaaten strafrechtlich sehr unterschiedlich bewertet. EU-weite Vorschriften gibt es nur, soweit sich die Straftat unter Bezugnahme auf Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft gegen Einzelpersonen oder eine Gruppe richtet.
Die Ministerin fordert zudem, das Melden und Einordnen problematischer Beiträge durch vertrauenswürdige Hinweisgebende („Trusted Flagger“) auf Social-Media-Plattformen deutlich auszubauen. „Gerade junge Menschen orientieren sich stark über Online-Kanäle. Deswegen brauchen wir einen Inhalts-Check, der fragwürdige Inhalte einordnet“, sagte Osigus. Bei EU-Verbrechen handelt es sich um besonders schwere Straftaten mit grenzüberschreitender Dimension wie Terrorismus, Menschenhandel oder Geldwäsche. Für diese kann die EU Mindestvorschriften festlegen. Seit Jahren debattiert Brüssel über eine Erweiterung der Liste um Hassreden und Hasskriminalität. Allerdings fehlt die nötige Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten.
Osigus spricht sich überdies dafür aus, auch sexualisierte Gewalt wie Vergewaltigung europaweit einheitlich zu sanktionieren. Auch hier gelten in Europa unterschiedliche Regelungen. So werden sexuelle Handlungen ohne ausdrückliche Zustimmung des mutmaßlichen Opfers (Prinzip „Ja heißt Ja“) in einigen Ländern als Vergewaltigung gewertet.
In Deutschlands Strafrecht hingegen gilt dies nur bei Handlungen „gegen den erkennbaren Willen“ („nein heißt nein“), die Definitionen in anderen Staaten gelten als noch schwächer. Deutschlands Justizminister Marco Buschmann hat Bedenken gegen eine europäische Lösung. Osigus kritisiert diese Haltung: „Sexuelle Gewalt ist ein drängendes europäisches Thema. Es darf nicht sein, dass der Schutz von Frauen innerhalb der EU vom Wohnort abhängt“, sagte Osigus.